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Archiv-Artikel

Wie viel Macht für den Premier?

PLO-Zentralrat segnet die Nominierung von Mahmud Abbas zum Ministerpräsidenten der palästinensischen Autonomie-behörde ab. Heute entscheiden Parlament und Kabinett. Nach dem Mord an einem Funktionär droht die Hamas mit Vergeltung

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Mit Genugtuung reagierten Minister in Jerusalem gestern auf die Nominierung von Mahmud Abbas zum Ministerpräsidenten der palästinensischen Autonomiebehörde. Jossef Paritzki von der weltlichen Schinui-Partei hoffte, dass unter der Führung des als Abu Masen bekannten Politikers konkrete Reformen vorgenommen werden.

Auch Verteidigungsminister Schaul Mofas begrüßte die Nominierung, obschon die entscheidende Frage nicht sei, wer das Regierungsamt übernehme, sondern in welcher Form das geschehe. Mofas rechnete nicht damit, dass Abu Masen tatsächlich die notwendigen Befugnisse übertragen bekommt. Bislang habe Palästinenserpräsident Jassir Arafat „noch immer alle wirklichen Reformen unterlaufen“, meinte Mofas.

Der arabische Knesset-Abgeordnete Ahmad Tibi, ehemals Berater Arafats, warnte: „Wer glaubt, dass die Ernennung eines Premierministers Arafat schwächen oder verschwinden lassen wird, der irrt.“ Der PLO-Zentralrat hatte am Wochenende die Nominierung Abu Masens abgesegnet. Heute sind das palästinensische Parlament und das Kabinett aufgerufen, über die Wahl und die Verfügungsgewalt des künftigen Premiers zu beraten. Abu Masen hatte vor der Sitzung erklärt, dass er das Amt nur übernehme, wenn er Friedensverhandlungen mit Israel führen sowie seine eigenen Minister ernennen könne. Der derzeitige Generalsekretär des PLO-Exekutivrats gilt auch unter den im Rahmen bisheriger Reformen ernannten Minister als annehmbare Wahl. Die jüngsten Reformmaßnahmen in Ramallah stießen bei der Hamas-Führung im Gaza-Streifen auf schwere Kritik. Während man dort mit der Wahl eines Premierministers beschäftigt sei, werde hier „der Körper Makadmes zerrissen“, hieß es. Der 53-jährige Ibrahim al-Makadme, ein Mitbegründer der Hamas und Kopf des militärischen Flügels in Gaza, war am Wochenende Opfer einer israelischen Exekution geworden. Bei dem Raketenbeschuss aus einem Militärhubschrauber starben auch drei seiner Bodyguards.

Hamas-Sprecher Abd al-Asis Rantisi beschuldigte indirekt die eigenen Sicherheitsdienste der Kollaboration, denn die Hinrichtung Makadmes sei erst nach Wiederaufnahme der Sicherheitszusammenarbeit zwischen Israel und der Autnomiebehörde möglich geworden. Rantisi sprach von einer „neuen Stufe im Kampf gegen die Juden“. Besonders vorsehen sollten sich israelische Regierungsangehörige, denn die Hamas habe nun „keine andere Wahl“ als die der „schmerzlichen Vergeltung“.

Die Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz israelischer Politiker sollen angesichts dieser Drohung noch diese Woche intensiviert werden. Die Hamas hat bislang noch immer ihre Ankündigungen wahrgemacht. Es war abzusehen, dass die Exekution eines so hohen Funktionärs nicht unbeantwortet bleibt. Dennoch stellt sich für die Militärs bei derartigen Operationen immer nur die Frage nach der Machbarkeit, nicht nach möglichen Folgen. Die Hinrichtung bekannter militanter Widerstandskämpfer wird quer durch die israelische Parteienlandschaft als Mittel im Antiterrorkampf akzeptiert, wenngleich die Effektivität dieser Art von Operationen fraglich ist.

Die Tageszeitung Jediot Achronot verurteilte die Hinrichtung: „Wie lange hat der Kopf nachgedacht, bevor die Hand den Abzug drückte?“, fragte sie. Makadme war wiederholt in palästinensischen Gefängnissen inhaftiert und galt als scharfer Gegner der Autonomiebehörde und der eigenen Sicherheitsdienste. In einem Interview nannte er die unterzeichneten Friedensverträge einen „rein taktischen Schritt“ der Fatah und Arafats, der „nie die Absicht hatte, Frieden mit Israel zu schließen“.

meinung Seite 13