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: Bannmeile nur fürs Parlament

Eine Demonstration kritischer Bürger – das ist ein Anblick, den sich Regierungsmitglieder in Demokratien bieten lassen müssen, auch wenn sie nur zu Besuch sind, wie die Außenminister bei der Asem-Konferenz. Den Umzug außer Sicht- und Hörweite zu halten, beraubt ihn zum Teil seines Sinns. Und wenn Polizei und Justiz das Demonstrationsrecht schon gravierend einschränken, dann stehen sie in der Pflicht – anders als gestern geschehen – wenigstens die Gründe dafür offen zu legen.

KOMMENTAR VON GERNOT KNÖDLER

Das Parlament mit einer Bannmeile vor dem Druck der Straße zu schützen, ist sinnvoll. Für die Regierung, die direkt über die Exekutivorgane verfügen kann, gilt das nicht. Das Vorgehen der Polizei erinnert an DDR-Verhältnisse, wo die Herrschenden sorgfältig vom Volk abgeschirmt wurden und so das Gefühl für die Wirklichkeit verloren haben. Das Ergebnis ist bekannt.

Einen besonders schalen Geschmack erhalten die gestrigen Ereignisse dadurch, dass die Polizei die Demonstranten mit einer geheim gehaltenen Begründung vom Rathaus fern hielt. Das ist ganz unüblich. Zusammen mit der massiven Begleitung des Demonstrationszuges und dem überzogenen Vorgehen der Polizei bei der Kontrolle der Post ganzer Stadtteile, erweckt das den Eindruck einer Hysterie, die dem gewaltbereiten Teil der Szene erst die Rechtfertigung für den revolutionären Kampf liefert.