: Recht auf gentechfreien Honig
Urteil: mit Gentech-Pollen verunreinigter Honig nicht als Lebensmittel zugelassen. Der Genmais von Monsanto darf zwar wachsen, aber keine Pollen produzieren
Der von Monsato entwickelte Mais MON 810 ist derzeit die einzige Gentechpflanze, die in der EU für den kommerziellen Anbau zugelassen ist. Auf rund 2.000 Hektar wird MON 810 in diesem Jahr in Deutschland angebaut. Die erste Zulassung erfolgte noch unter den alten, inzwischen überarbeiteten und verschärften EU-Regelungen. Strittig ist seit Längerem schon, ob die 1995 noch von Frankreich ausgesprochene Zulassung überhaupt rechtens war. Trotzdem genehmigte Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU), dass MON 810 in Deutschland auch als Saatgut gehandelt werden darf. Zugelassen ist die Pflanze als Futtermittel und zur Verarbeitung in der Lebensmittelindustrie. Eine Erlaubnis, den Mais als lebensfähigen Organismus, also als Saatgut in den Handel zu bringen, liegt nach Ansicht der Kritiker nicht vor. Für das Augsburger Verwaltungsgericht trifft dies auch auf Pollen zu. Diese enthalten schließlich die genetische Information. WLF
BERLIN taz ■ Die von Monsantos Genmais MON 810 ausgehenden Gefahren für die Umwelt sind vermutlich doch größer als bisher angenommen wurde. Nur wenige Tage nachdem das Bundesamt für Verbraucherschutz (BVL) ein vorläufiges Handelsverbot für das MON-810-Saatgut ausgesprochen hatte, veröffentlichte die Umweltorganisation Greenpeace gestern eine Studie, die die von Monsanto bei der EU-Zulassung eingereichten Daten zur Sicherheitsüberprüfung grundsätzlich in Frage stellen. Greenpeace fordert, dass allein schon aus diesem Grund auch die bereits auf den Feldern ausgebrachten Maiskörner vernichtet werden müssten.
Greenpeace hat rund 600 in Deutschland und Spanien eingesammelte Maisproben überprüft. Dabei stellte sich heraus, dass bei dem Mais, der zum Schutz vor dem Schädling Maiszünsler mit einem Giftgen ausgestattet wurde, die Konzentration des Insektengifts Bt erheblich schwankte. Bis um das Hundertfache unterschieden sich die Werte, heißt es in der Studie. In mehreren Proben wurde sogar überhaupt kein Bt-Toxin gefunden. Über die Ursache dafür kann nur spekuliert werden. Mit dieser unsicheren Datenlage hätte MON 810 laut Greenpeace erst gar nicht zugelassen werden dürfen.
Für Mosanto und auch die Genmais anbauenden Landwirte könnte es durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg aber noch weitaus ärger kommen: Dort hat jetzt erstmals ein Imker durchgesetzt, dass die in der Nähe seiner Bienenstöcke wachsenden MON-810-Pflanzen nicht blühen dürfen. Nach Ansicht des Gerichts habe der Imker Anspruch darauf, dass seine Ernte absolut frei von Genmais-Pollen bleibt.
Der Betreiber des Ackers, die Bayerische Landwirtschaftsverwaltung, wurde vom Gericht dazu verpflichtet, zu verhindern, dass der Gentechmais Pollen produziert. Das heißt: Entweder müsste der Mais vor der Blüte „geerntet“ oder an jeder Pflanze die Blütenstände einzeln abgeschnitten werden.
In der Urteilsbegründung stellte das Gericht klar, dass Honig, der MON-810-Pollen enthält, nicht als Lebensmittel zugelassen sei, sagte Thomas Radetzki von der Imkervereinigung Mellifera gestern. „Es hat auch gesagt, dass der Gentechnik-Anbauer weichen muss und nicht der Imker, wenn eine Koexistenz nicht möglich ist“, so Radetzki, der ein Bündnis zur Unterstützung von klagenden Imkern koordiniert.
„Noch besteht die Möglichkeit, Beschwerde gegen das Urteil einzulegen“, erklärte Rechtsanwalt Achim Willand, der den klagenden Imker vertritt. Doch sollte das Urteil Bestand haben und von anderen Gerichten übernommen werden, würde das das Ende des MON-810-Anbaus in Deutschland bedeuten. Denn Landwirte, die Genmais anbauen, setzen sich der Gefahr aus, dass ein Imker sie dazu zwingt, seine Pflanzen vor der Reife zu ernten. Wie die Gerichte damit umgehen werden, ist nicht vorhersagbar. So hat vor Kurzem ein Gericht in Frankfurt (Oder) einem anderen Imker überhaupt das Klagerecht abgesprochen.
„Die Imker müssen jetzt die zuständigen Behörden auffordern, auch für ihre Bienen Schutzmaßnahmen zu erlassen“, sagt Thomas Radetzki. Mit dem Urteil aus Augsburg im Rücken hätten sie auch gute Chancen, das Recht auf sauberen Honig durchzusetzen. WOLFGANG LÖHR
Infos: www.bienen-gentechnik.de