Ausgabe vom 27./28. Dezember 2014 : Das Leben ist ein Kaleidoskop
Was bleibt am Ende? Spuren. Zeichen. Geschichten. Die taz.am wochenende erinnert sich an Menschen, die 2014 starben. An Siegfried Lenz, Frank Schirrmacher, an die Fotoreporterin Camille Lepage. Und an andere.
Größe: Gerade, als Regisseur Johan Simons am Hamburger Thalia-Theater anfängt, die „Deutschstunde“ zu proben, stirbt der Autor des Romans, Siegfried Lenz. Ein erstaunlicher Zufall, findet Simons, als er es erfährt. Das letzte Mal, als sie sich trafen, war das Wetter wie im Buch: Der Himmel war grau, es regnete und ständig blies der Wind.
Gedenken: Die Pianistin Alice Herz-Sommer, die das KZ überlebte, war 99 Jahre alt, als der Autor Reinhard Piechocki in London an ihrer Wohnungstür klingelte. Es war der Beginn einer Freundschaft, sagt er. Hinterbliebene erzählen über zehn Menschen, die sie nicht vergessen.
Gravur: Als wollte er eine Spur legen, sprühte OZ seinen Namen quer durch Hamburg. Mit 64 Jahren starb der „King“ beim Sprayen auf den Gleisen. Über einen Einzelgänger, den viele gekannt haben wollen.
Erkundet: Im Juli dieses Jahres starb Karl Albrecht, reichster Mann Deutschlands, in seiner Heimatstadt Essen. In Slowenien war er nie, obwohl dort, in der Stadt Koper, das südlichste Aldi von Aldi Süd steht. Ein Ort, an dem man das Meer auch auf dem Parkplatz riechen kann.
Erschöpft: Maria Lang wollte eigentlich Filme über Lesben drehen. Dann kam die Mutter dazwischen. Neunzehn Jahre pflegte sie sie. Und ihre eigenen Träume?
Erschossen: Mit 18 Jahren geht Alfons R. nach Syrien, kämpft für die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ und stirbt auf offenem Feld. Er hatte alles, sagt sein Freund Aziz. Genug Geld, eine gute Familie, eine Ausbildung, Freunde. Ich hätte ihm meine Kinder anvertraut, sagt seine Lehrerin. Wie muss eine Junge aus Hamburg sein, um für Allah in den Krieg zu ziehen?
Außerdem: 2014 starben auch Dinge. Die Diddl-Maus oder Windows XP. Zehn Erinnerungen.