: Blumen und Politik
Plüschtiere, Kartengrüße und Mimosen: Kleine Geschenke zum Frauentag sind in anderen Ländern durchaus üblich
Blumen, wie damals in der DDR, haben hiesige Frauen zum 8. März eher selten zu erwarten. In Italien hingegen schon. Dort schenken die Männer zum Weltfrauentag Mimosen. Nicht, weil die so Bedachten solchen glichen, sondern weil diese gelben Blumen für Licht stehen und zudem ein Symbol für Wiedergeburt und Sieg sind. Schon in der Grundschule bringen die männlichen bambini ihrer Lehrerin Mimosen mit. Später, wenn sie etwas älter sind, überreichen sie die lichtgelben Blüten dann auch ihren Mitschülerinnen, und selbst am Arbeitsplatz wird der schöne Brauch gepflegt.
Natürlich gibt es im Land der kulinarischen Genüsse auch spezielle Gerichte für den Frauentag, und wiederum spielt die Farbe Gelb eine große Rolle. Serviert werden beispielsweise Risotto mit Curry oder Safran, Tramezzini mit Ei und Zitronenpudding. Auch in Italien gehen die Frauen zum Demonstrieren auf die Straße, und es finden Veranstaltungen von Frauenorganisationen statt. Doch sei der Weltfrauentag weniger politisch geprägt, er werde „eher als Ehrung der Frau durch den Mann verstanden“, wie Leonardo Andrioli aus Verona erklärt.
In Indien hingegen wollen Frauen am 8. März eigentlich gar nicht so viel mit Männern zu tun haben. Zumindest in größeren Städten gehen Frauen und Mädchen gemeinsam auf Partys oder in Discos – und zwar ohne männliche Begleitung. „Es könnte höchstens vorkommen, dass Männer an diesem Tag für die Frauen tanzen, allerdings nicht mit ihnen“, sagt Devyani Kohbragade, Pressesprecherin der indischen Botschaft in Hamburg.
Für Russland ist der Weltfrauentag etwas ganz Besonderes und steht bei den Feiertagen nach Silvester und Geburtstag an dritter Stelle. „An diesem Tag haben alle frei, und falls der Tag aufs Wochenende fällt, wird er angerechnet und kann später als Urlaubstag genommen werden“, erzählt Swetlana Fitz, Dozentin für Russisch am Hamburger Institut für Slavistik. Allerdings, so die Moskauerin, habe dieser Tag überhaupt keine politische Bedeutung mehr: „Die Frau ist Königin, und die Männer übernehmen am 8. März die Hausarbeit.“
Auch Blumen sind von herausragender Bedeutung, weil sie den nahenden Frühling ankündigen sollen. Sowohl der Arbeitsplatz als auch das eigene Heim sind schwelgerisch mit Tulpen, Schneeglöckchen, Rosen und, wie in Italien, den aus dem Kaukasus stammenden Mimosen geschmückt. Julia Goldanova, aus Sankt Petersburg zum Germanistik- und Hispanistik-Studium nach Hamburg gekommen, berichtet von speziellen Frauen-Fernsehsendungen, zum Beispiel Liebesfilme, von Karten, Plüschtieren und üppigen Torten. „Auch fremde Männer schenken uns am Frauentag Blumen auf der Straße oder machen uns in der Bahn den Sitzplatz frei“, reminisziert die 25-Jährige russisches Brauchtum.
Was sich vom isländischen denn doch reichlich unterscheidet. Dort wird der Weltfrauentag ausschließlich politisch gesehen. In Reykjavik findet eine Tagung statt, bei der sich die Frauenvereinigungen der skandinavischen Länder treffen und über Verbesserungen in der Frauenpolitik debattieren. Ansonsten, so die Isländerin Christin Johannsdottir, hat der Tag kaum Bedeutung für die Frauen – und erst recht nicht für die Männer.
Marieke Kraft