: Schlichte Welterklärungen und Mutterideal
GESCHLECHTERFRONT Ein rechtspopulistischer Männerverein will Öffentlichkeit und pirscht sich an eine Stiftung und ein Institut ran. Dort ist man zum Dialog bereit. Doch das nützt nichts, das Publikum fehlt
JENS ALBER, WZB
VON SIMONE SCHMOLLACK
BERLIN taz | Jetzt machen sie mobil. Männerrechts- und familienfundamentalistische Vereine versuchen derzeit verstärkt, in den Fokus der Öffentlichkeit zu gelangen. Bislang wurden Organisationen wie Agens, MANNdat und Frau2000plus sowohl von den Medien als auch von wissenschaftlichen und politischen Einrichtungen gemieden. Mit den einseitig für Männerrechte eintretenden und zum Teil rechtspopulistischen Vereinen will niemand etwas zu tun haben. Das scheint sich aber gerade zu ändern.
Für diesen Monat kündigt Agens zwei Veranstaltungen an, bei denen der Verein weitgehend federführend ist: die Tagung „10 Jahre Gleichstellung“ am 16. Juni in Hannover, in Kooperation mit der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, und die Podiumsdiskussion „Mann und Frau – wie soll’s weitergehen?“ am 27. Juni im Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin (WZB). Beide Veranstaltungen kamen auf Agens-Initiative zustande. Als Diskutanten angekündigt: Agens-Vorstand Eckhard Kuhla, der Soziologe Gerhard Amendt, die kürzlich abberufene Gleichstellungsbeauftragte in Goslar, Monika Ebeling, und Birgit Kelle, Chefin des Vereins Frau2000plus.
Gerhard Amendt negiert, dass es mehrheitlich Männer sind, die häusliche Gewalt ausüben, demzufolge will er Frauenhäuser abschaffen. Monika Ebeling wird vorgeworfen, sich in ihrem Goslarer Amt einseitig um Männer und Jungs gekümmert zu haben. Und die vierfache Mutter und Journalistin Birgit Kelle propagiert das Mutterdasein als ein heiliges Frauenideal. „Mama, es ist ein Wort wie gemalt. Mama, das ist Zuhause, das ist Apfelkuchen, das sind Pflaster auf aufgeschlagene Knie und zerbrochene Herzen“, schreibt Birgit Kelle auf der Vereins-Homepage. Frauenpolitik empfindet sie als unzureichend. Dazu schreibt sie: „Frauenpolitik besteht im wesentlichen daraus, die Frau in den gewerblichen Beruf einzugliedern, Kita-Plätze zu schaffen. Und mit dem neu geschaffenen Unterhaltsrecht sind fortan alle Frauen, die auf die Ehe vertrauen, im Zweifel die Dummen.“ Jetzt wolle Agens in die Offensive gehen, sagt Eckhart Kuhla: „Wir fühlen uns diffamiert.“
In der Studie „Geschlechterkampf von rechts“ im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung hat der Männerforscher Thomas Gesterkamp herausgearbeitet, wie Männerrechtler argumentieren und agieren. „Männerrechtler begnügen sich häufig mit schlichten Welterklärungen. Sie stellen zerrbildhafte Behauptungen auf, die mit der Realität wenig übereinstimmen. Wissenschaftlichen Überprüfungen halten sie schon gar nicht stand“, sagt Gesterkamp.
Männerrechtler stilisieren sich zu Opfern der Frauenpolitik: in der Arbeitswelt, in der Familie, im Bildungsbereich. Die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern beispielsweise, die in Deutschland 23 Prozent beträgt, sei gerechtfertigt, weil Männer die schweren Berufe ausübten. Außerdem seien Frauen selbst schuld, weil sie ja in der Regel auf Karriere verzichteten.
Das Bundesforum Männer, das sowohl eine Alternative als auch eine Ergänzung zum traditionellen Feminismus sein will, sieht Vereine wie Agens und MANNdat ebenfalls kritisch. „Die haben ein anderes Verständnis von Gleichstellung als wir“, sagt Bundesforums-Vorsitzender Martin Rosowski: „Denen geht es um Gleichmacherei und nicht um die nötige Differenzierung.“
Bei der Friedrich-Naumann-Stiftung und beim WZB scheut man die Kontroverse mit den Maskulinisten offensichtlich nicht. „Ich bin am Dialog interessiert und fürchte ihn nicht“, sagt Jens Alber, Forschungsdirektor am WZB. Der Soziologe hatte am 25. März in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine Polemik zu den „Doppelstandards der Gleichstellung“ veröffentlicht. „Zumindest sollten diejenigen, die das Geschlecht auch weiterhin als eine zentrale Dimension sozialer Ungleichheit darstellen wollen, allmählich auch die Ungleichheiten zu Ungunsten von Männern zur Kenntnis nehmem“, schreibt Alber. Aufgrund dieses Artikels meldete sich Agens bei Jens Alber.
Bei wem findet der Verein eigentlich Gehör? „Bei unseren Mitgliedern“, sagt Eckhard Kuhla. Das Interesse in der Bevölkerung indes scheint nicht gerade überwältigend zu sein. Die Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung in Hannover wurde gerade abgesagt. Es hatten sich vier Personen angemeldet.