: Cannabis ist Weltkultur
GRAS Die Hanfparade ist die jährliche Großdemonstration für die Legalisierung von Cannabis. Dieses Jahr mit der Forderung, die gesamte Hanfkultur dem immateriellen Weltkulturerbe der Unesco zuzuordnen
„Legalize it“, hat Peter Tosh schon in den 70er Jahren gesungen. In den 90ern dann entstand in Deutschland eine große Bewegung, die Freiheit für das Hanf forderte. Überall schossen damals mehr oder weniger geduldete Coffeeshops und Hanfläden aus dem Boden. Das Kiffen in Bars und Clubs war normal – und selbst im Restaurant wurde man meist nur höflich aufgefordert, doch bitte draußen weiterzurauchen.
„In der Hochphase der Legalisierungsbewegung entstand die Idee, eine Hanfparade zu machen“, erinnert sich Steffen Geyer, der auch dieses Jahr die Hanfparade wieder mitorganisiert. „Die Hanfparade ist eine Demonstration für die Legalisierung von Cannabis als Rohstoff, Medizin und Genussmittel und findet dieses Jahr zum 14. Mal statt. Inzwischen ist der ‚Wahrnehmungshype“, wie Steffen es nennt, verflogen und das Thema Cannabis aus dem öffentlichen Diskurs weitestgehend verschwunden. „Die Anzahl der Cannabis-Konsumenten hat sich aber nicht signifikant verändert“, so Steffen, und da sich auch die Gesetzeslage nicht signifikant geändert hat, sind die Probleme, die mit der Prohibition einhergehen, nach wie vor akut.
Wichtig ist Steffen, das niemand Cannabis konsumieren muss, um bei der Legalisierungsbewegung mitzumachen. „Gerade Menschen, die Cannabis für eine gefährliche Sache halten, müssten sich eigentlich für die Legalisierung einsetzen. Nur so könnten durch Reglementierung und Aufklärung die Gefahren minimiert werden“, ist er überzeugt.
Im Supermarkt habe Cannabis seiner Meinung nach nichts zu suchen. Steffen fordert einen Verkauf in Drogenfachgeschäften, wo entsprechend Beratung und Aufklärung geleistet werden kann. Mit der Hanfparade wird nicht einfach nur eine Legalisierung von Konsum gefordert. Denn klar ist: Wenn etwas konsumiert wird, dann muss es auch verkauft und produziert werden.
„Die Strukturen sind ja alle schon da“, erklärt Steffen. „Und viele werden ihr Geschäft gerne in der Legalität weiterführen“, ist er sich sicher. Damit meint er die vielen mehr oder weniger professionellen „Grower“, die entweder im Kleinen im eigenen Keller oder etwas größer in Lagerhallen auf dem Land Cannabis für den heimischen Markt produzieren.
Ob das alle so sehen, ist aber fraglich, denn die Prohibition fördert auch eine extrem hohe Gewinnspanne, und so haben neben Polizei und Justiz eben auch die mafiosen Strukturen ein Interesse daran, dass Cannabis nicht reglementiert und besteuert im Drogenfachhandel erhältlich ist. Ein großes Problem der Prohibition ist auch die Qualitätssicherung, weiß Steffen zu berichten: „Es ist ja heute so, dass relativ viel mit gesundheitsschädlichen Mitteln gestreckt wird, von Glassplittern über Blei bis hin zu flüssigen Hormonen, die extra entwickelt wurden, um Marihuana zu strecken. Und dem kann man mit einem legalen Hanfmarkt quasi über Nacht den Boden entziehen, weil ein legaler Händler seine Lizenz verliert, wenn er gestrecktes Zeug verkauft, während ein illegaler Händler eh illegal ist.“
Auch der Anbau schafft Probleme. Der konventionelle heimische illegale Anbau sieht meistens so aus, dass die Pflanzen in Glasfaserwolle in einer Nährlösung aus Chemikalien schwimmen. „In den Niederlanden sind viele Cannabis-Konsumenten bereit, etwas mehr Geld für Bio-Dope auszugeben“, berichtet Steffen. In Deutschland hat der Konsument diese Wahl nicht. Solange Cannabis nur auf dem illegalen Markt erhältlich ist, wird man ein Verzeichnis mit Inhaltsstoffen und eine Produktbeschreibung vergeblich suchen. Die kleinen durchsichtigen Verkaufstütchen ziert meist nur ein Hanfblatt.
Viele gute Gründe also, am kommenden Samstag für das Hanf auf die Straße zu gehen. Zumal dieses Jahr die Kultur- und Heilpflanze mit einer besonderen Forderung bedacht wird. Die gesamte Hanfkultur soll dem immateriellen Weltkulturerbe der Unesco zugeordnet werden, so das Motto der diesjährigen Demo. JAL
■ Die nächste Hanfparade findet am Samstag, dem 7. August 2010 statt. Sie beginnt um 13 Uhr mit einer Kundgebung zwischen Fernsehturm und S-Bahnhof Alexanderplatz und führt dann zum Brandenburger Tor. Dort gibt es bis 22 Uhr Reden, Musik und einen Markt. Im Netz: www.hanfparade.de