: Der König der Wohnzimmermusik
KLAUS BEYER Der fünfte Beatle aus Kreuzberg hat seine LP „Gefall mir“ in der Möbelfabrik vorgestellt – ein Muss für Fans
Als ich Klaus Beyer vor fünfzehn Jahren kennen lernte, hatte ich nicht gedacht, dass mich sein Schaffen so lange begleiten würde, dass ich mich über jeden Auftritt und jede Veröffentlichung des fünften Beatles aus Kreuzberg so sehr freuen würde.
Vor einer Woche stellte Klaus Beyer in der Möbelfabrik am Rosenthaler Platz seine Vertonung der ersten, am 22. März 1963 erschienenen, Beatles-LP „Please, Please Me“ vor, die bei ihm nun „Gefall mir“ heißt. Außerdem wurde der Dokumentarfilm „Erdbeerfelder für immer“ von Sandra Röseler gezeigt, in dem es auch um Klaus Beyer geht. Der Abend war schön und auch ein bisschen seltsam, wie alle traditionell vorweihnachtlichen Konzerte Beyers. Ich dachte an den Beyer-Abend vor drei Jahren am gleichen Ort, wo Beyer nicht kommen konnte, weil er gerade einen Schlaganfall erlitten hatte. Lange hatte es gedauert, bis er sich dann wieder aufgerappelt hatte.
15 Leute waren gekommen, was Beyer-Manager und Freund Frank Behncke darauf zurückführte, dass zeitgleich an einem anderen Ort Christiane Rösinger ihre Flittchen-Bar wiedereröffnet hatte. Eine Frau setzte sich neben Beyer und ließ sich von ihrem Freund fotografieren, so als sei Beyer ein Pandabär.
Mehr als eine Obsession
Zuletzt hatte ich ihn auf der großen Christoph-Schlingensief-Gedenkveranstaltung in der Volksbühne gesehen. Damals, im Roten Salon, waren alle ganz still gewesen, als der fünfte Beatle sein unglaublich berührendes Requiem für den verstorbenen Theaterregisseur gesungen hatte, in dem es nur immer hieß: „Auf der Bühne war was los,/ Und im Film warst du ganz groß./ Du hast viel für mich getan/ rechtzeitig erfuhr ich’s dann.“
Die dreißigminütige Doku von Sandra Röseler ist ganz okay; die Szenen, in denen Beyer als Mitglied der Schlingensief-Familie in einer holländischen Aufführung der „Kirche der Angst“ auf einer Kanzel spricht, waren großartig und zeigten eigentlich, dass Schlingensief nicht ganz recht hatte, als er sagte, dass Beyer zu den Menschen gehöre, die eine Obsession haben, der sie ihr Leben widmen, und dadurch eben sozusagen viel mehr berühren können, als es professionelle Schauspieler tun. Denn Beyer war nicht monothematisch.
Dann führte Beyer „Gefall mir“ auf. Seine Version der Beatles-LP war gewohnt schön, ein Muss für jeden Beatles- bzw. Beyer-Fan. Als Zugabe sang er „Imagine“ und seinen humorvollen Indie-Hit „Schaff dir nie ein Auto an“.
Zu Hause schaute ich mir dann seine wunderschöne Super-8-Verfilmung des Beatles-Albums/Films „Das gelbe Unterwasserboot“ an und war begeistert von den ganz einfachen Animationen und den Bildern von Klaus Beyer, vom S-8-Material, das irgendwie so lebendig pulsierte, der kongenialen Psychedelik; der schönen Übersetzung – in „Hey Bulldog“ heißt es „Sprich doch mal mit mir … bist du einsam, dann sprich mit mir“ –, von der Verwandtschaft, die man so verwischt und blaustichig im Wohnzimmer auf Sofas und Sesseln sitzen sieht, während Beyer „All Together Now“ (Alle nun zusammen) singt. „Drück mich fest – und noch mehr“, heißt es irgendwann, man denkt vergleichsweise an die Filme von Jonas Mekas und dass hier eigentlich die Geburtsstunde der Wohnzimmermusik festgehalten wurde.
Klaus Beyer strahlt eine seltsame Queerness aus; auf MySpace kann man sich den „Klaus Beyer ist ein Punk“ betitelten Super-8-Clip von Jörg Buttgereit ansehen, in dem Beyer „Shaolin Monkeys“ von Osaka Popstar auf Deutsch singt. Bei Christoph Schlingensiefs Film „The African Twin Towers“, der am Sonntag um 20.30 Uhr sowie am 30. 12. um 21.45 Uhr im Babylon gezeigt wird, ist der König der Wohnzimmermusik auch dabei. DETLEF KUHLBRODT
■ Die DVD „Das gelbe Unterwasserboot“ (10 Euro) und die CD „Gefall mir“ (9 Euro) kann man über die Seite Klaus-Beyer.de ordern