Auch so ein Problem, das Marx nicht gelöst hat

HERZENSBILDUNG Im Salon Sophie Charlotte der Akademie der Wissenschaften geht es am Samstag immer nur um das eine: die Liebe

Die Liebe. Muss man ja auch erst mal finden. Gibt man bei einer beliebten Suchmaschine bei der Bildersuche das besagte Stichwort ein, also „Liebe“, bekommt man auf den ersten Blick vornehmlich ein Herz präsentiert. Gern ist das dann rot. Oder als Alternative eine rote Rose.

Das ist jetzt vielleicht ein wenig einfältig. Liebe ist gleich Herz ist gleich möglicherweise eine Rose, aber diese recht beschränkte Symbolauswahl berührt schon gleich das Problem. Denn eigentlich weiß man nicht so genau, wie die Liebe aussieht. Oder, noch existenzieller: Wir wissen bis heute noch nicht mal so genau, was das überhaupt ist: die Liebe.

Aber man hat darüber schon viel nachgedacht. Man hat versucht, sie zu erforschen, und überhaupt eine Menge an Material zusammengetragen über die Liebe, dass man sich schon auf eine wirkliche Vielfalt an Erklärungen und Einschätzungen freuen darf, die da morgen am Samstag im Akademiegebäude am Gendarmenmarkt zum Thema Liebe aufgeblättert werden, beim Salon Sophie Charlotte.

Seit 2006 lädt die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften immer im Januar zu diesem Salon. Ein unterhaltsames wissenschaftliches Schaulaufen mit vielen Gesprächsrunden, mit Vorträgen, Musik und Performances. Immer auch mit prominenten Gästen. Am Samstag ist das zum Beispiel die Schauspielerin Hanna Schygulla.

Namengeberin des Salons ist Sophie Charlotte, Königin von Preußen, die im Jahr 1700 gemeinsam mit Gottfried-Wilhelm Leibniz die Gründung der wissenschaftlichen Akademie zu Berlin initiierte.

Der Salon steht dabei immer unter einem speziellen Schwerpunktthema. In den vergangenen Jahren fragte man sich im Akademiegebäude zum Beispiel unter dem Titel „Wissen ist Kunst – Kunst ist Wissen“, wie nah (oder auch fern) sich eigentlich die Wissenschaft und die Kunst sind, man suchte Europa im Nahen Osten und den Nahen Osten in Europa. Und in diesem Jahr geht es eben ganz grundsätzlich um die Liebe.

Was die Wissenschaft dazu zu sagen hat, verraten am Samstag dann die Psychologen, Soziologen, Biologen, Literaturwissenschaftler und Vertreter vieler anderer wissenschaftlicher Disziplinen.

Was eine Fülle an Programmpunkten ergibt, alle an der Liebe vertäut: Der Technikwissenschaftler Klaus Lucas unterhält sich mit dem Literaturwissenschaftler Conrad Wiedemann über Liebesaffären und Liebeskonzepte im klassisch-romantischen Berlin, die Ethnologin Christiane Brosius referiert über die romantische Liebe im heutigen Indien. Es geht um Onlinesex und um Goethes erotischen Wortschatz. Es gibt wieder die Paternoster-Performances mit Love-Stories aus der Wissenschaft, es gibt einen Kinder- und Jugendsalon. Und einer der Vorträge heißt lapidar „Liebe – auch so ein Problem, das Marx nicht gelöst hat“.

Zur späteren Stunde stellen dann Akademiemitglieder und Gäste ihr liebstes Liebesgedicht vor. Und in dieser Hinsicht kann man sich gut an seinen Brecht halten: „Der, den ich liebe / Hat mir gesagt / Dass er mich braucht. / Darum /Gebe ich auf mich acht / Sehe auf meinen Weg und / Fürchte mich vor jedem Regentropfen / Dass er mich erschlagen könnte.“ „Morgens und abends zu lesen“ ist der Titel des kleinen Gedichts über ein Gefühl, über das man noch gar nicht alles weiß. THMOAS MAUCH

■ Salon Sophie Charlotte: Akademiegebäude, Markgrafenstr. 38. Samstag 18–24 Uhr. Eintritt frei Programm: www.bbaw.de