: Testreaktor wird teurer
FUSIONSREAKTOR ITER wegen Kosten gefährdet
Die EU-Staaten suchen nach Lösungen zur Finanzierung des Fusionsreaktors ITER, nachdem die Kosten des Versuchsprojektes zur Energieerzeugung regelrecht explodiert sind. Bei einem Treffen der Forschungsminister in Brüssel konnte laut Bundesministerin Annette Schavan (CDU) keine Einigung erzielt werden, wie eine bestehende Finanzierungslücke von 1,4 Milliarden Euro allein für 2012 und 2013 zu schließen ist. Ursprünglich sollte der Testreaktor im südfranzösischen Cadarache 5 Milliarden Euro kosten. Die EU-Kommission schätzt die Gesamtkosten mittlerweile auf 15 Milliarden Euro.
Aus Deutschland werde es keine Blankoschecks geben, hatte Schavan vor dem Brüsseler Treffen klargestellt. „Kostensteigerungen bei Forschungsprojekten sind normal, aber eine Preissteigerung von 300 Prozent ist ungewöhnlich und nicht akzeptabel.“
Um das Projekt nicht zu gefährden, wird jetzt eine Spezialgruppe eingesetzt, die die Gründe für die Preissteigerung analysieren und Perspektiven erarbeiten soll. Hauptfinanzier des ITER-Projektes ist die EU. Fast die Hälfte der Kosten sollen die EU-Staaten übernehmen. Den Rest teilen sich die Kooperationspartner Schweiz, USA, Russland, China, Japan, Indien und Südkorea.
Mit ITER, dem weltweit ersten Fusionsreaktor, soll die Funktionsweise der Sonne imitiert werden. Der Forschungsreaktor soll beweisen, dass Energiegewinnung durch die Verschmelzung von Wasserstoffatomen möglich ist. Im Gegensatz zur Kernspaltung in Atomkraftwerken soll dabei keine gefährliche Strahlung frei werden. Der Reaktor soll rund 20 Jahre laufen. Die Abkürzung ITER – lateinisch für „der Weg“ – steht für Internationaler Thermonuklearer Experimenteller Reaktor.
Es zeichnet sich jetzt schon ab, dass auch die Zeitpläne wahrscheinlich nicht eingehalten werden können. In Diplomatenkreisen hieß es, die Fertigstellung des Reaktors sei auch bis zu dem bereits auf 2019 verschobenen Termin nicht realistisch. Diese Bedenken werden von Schavan nicht geteilt. „Das ist nicht zwingend so“, betonte sie. Die nächsten Wochen müssten jetzt genutzt werden, auch Sondersitzungen dürften kein Tabu sein. „Mit der Fusionsforschung heute ist es wie mit dem Bau von Kathedralen früher, das dauert manchmal mehrere Generationen, dafür ist das Ergebnis umso imposanter“, gibt sich Schavan optimistisch. DPA, AFP, TAZ