: Wächter des Öls
BODENSCHATZ Im Dschungel Ecuadors wehrt sich eine indigene Gemeinschaft gegen die Begierden der Erdölindustrie. Sie hat einen wichtigen Verbündeten: Präsident Rafael Correa. Noch
■ Die Idee: Die Initiative Ishpingo-Tambococha-Tiputini, kurz ITT, wirbt dafür, die im Nationalpark Yasuní vermuteten Ölreserven von 846 Millionen Fass unangetastet zu lassen, um die Umwelt durch die Förderung nicht zu gefährden. Da damit künftige CO2-Emissionen vermieden werden, soll die internationale Gemeinschaft die Hälfte des geschätzten Exportwertes von 7 Milliarden Euro in einen Treuhandfonds der UNO einzahlen. Die Initiative bezieht sich jedoch nur auf ein kleines Teilgebiet der Yasuní-Region. Dennoch werden hier rund 20 Prozent der Ölreserven des Landes vermutet.
■ Die Entscheidung: Bis April 2013 waren nur 9 Prozent der veranschlagten Summe einbezahlt oder zugesagt. Präsident Correa will nun bald entscheiden, ob die Yasuní-ITT-Initiative aufrechterhalten wird oder ob Plan B in Kraft tritt, womit die Bohrungen beginnen könnten. In einigen Gebieten um den ITT-Block herum wurde bereits mit der Förderung begonnen.
■ Das Dorf: Die Gemeinschaft des Llanchama ist die einzige noch verbliebene indigene Gemeinschaft, die sich weigert, eine Vereinbarung mit den Ölfirmen über seismische 3-D-Untersuchungen auf ihrem Gebiet einzugehen. Die 3-D-Untersuchung ist die letzte Stufe vor der Ölförderung.
AUS ECUADOR JÜRGEN VOGT
Die Männer, die das Öl wollen, kommen immer wieder ins Dorf von Andrés Machoa, in den Urwald Ecuadors. Im vergangenen Jahr waren sie dreimal da. Sie haben in Nuevo Rocafuerte das Kanu genommen, sind den Río Napo stundenlang flussaufwärts gefahren und dann in den Río Tiputini eingebogen, der sich von hier bis ins Amazonasbecken zieht.
Der Steg, an dem die Männer aussteigen, ist nicht leicht zu finden. Doch sie wissen genau, wo sie hinwollen. Sie balancieren über die Planken und klettern die steile Uferböschung hoch.
Jedes Mal, wenn die Männer der Ölfirma kommen, bringen sie Papiere mit, und jedes Mal schickt das Dorf sie wieder weg.
„Wir werden nichts unterschreiben“, sagt Andrés Machoa. Seine Stimme ist leise. Er schaut sehr entschlossen. Der harte Blick passt nicht ganz zu dem rundlichen, kleinen Mann.
Machoa ist so etwas wie der Außenminister seines Dorfes. Er gehört zum Volk der Kichwa, einer der vielen indigenen Gemeinschaften, die hier im Yasuní, dem Nationalpark im Amazonasgebiet von Ecuador, leben.
Der Yasuní ist eines der artenreichsten Gebiete der Erde, seit 1979 ein Teil des Nationalparks. Neben verschiedenen Pflanzen- und Baumarten sind es vor allem Amphibien, Frösche, Kröten und Schlangen, die den biologischen Reichtum ausmachen.
Doch tief im Boden lagert Öl. In riesigen Mengen. Und das wollen die Männer heben.
Eigentlich soll das Öl bleiben, wo es liegt. 2007 ging diese Nachricht um die Welt. Ecuadors Präsident Rafael Correa warb für eine einzigartige Umwelt- und Klimaschutzinitiative. Die Idee: Damit das Öl nicht angezapft werden müsse, zahlt die Weltgemeinschaft Geld. Der Plan hat zwei Vorteile: Das einzigartige Habitat des Yasuní bliebe geschützt, außerdem würde der Planet von Tonnen von CO2 verschont, die freigesetzt würden, wenn das gewonnene Öl verbraucht wird. Kern der Yasuní-Initiative war ein Entschädigungsfonds: Die internationale Gemeinschaft sollte für die Hälfte des Exportwerts der Vorräte aufkommen, wenn die Regierung in Quito auf die Ölförderung verzichtet – insgesamt 3,5 Milliarden Euro.
„Wir wollen die Artenvielfalt und die dort lebenden Völker schützen“, sagte Correa auch im April wieder, als er in Deutschland zu Besuch war. Falls der Fonds aber leer bliebe, bleibe ihm nichts anderes übrig, als Öl zu fördern. Sein Land brauche Geld, um gegen Armut vorzugehen und in Bildung und Forschung zu investieren.
Das nennt er den Plan B.
In diesen Tagen will er darüber entscheiden.
Die Vorbereitungen für diesen Plan laufen bereits seit Langem. Deshalb legen die Männer inzwischen einmal im Monat an dem versteckten Steg am Río Tiputini an. Andrés Machoas Dorfgemeinschaft heißt Llanchama. Ihr Gebiet ist mit 26.000 Hektar zweimal so groß wie Manhattan. Wenn jemand an ihr Öl will, müssen sie dem zustimmen.
Und die Ölkonzerne brauchen nur noch dieses Einverständnis. Die Förderkonzessionen des Staates haben sie bereits, sie sind für das gesamte Yasuní-Gebiet längst vergeben. An acht Stellen haben sie gebohrt und sind auf Öl gestoßen.
Alle paar hundert Meter würde es dann knallen
Die Yasuní-Initiative wird die Konzerne wohl nicht mehr zurückhalten. Bisher sind gerade einmal knapp 2 Millionen Dollar in den Fonds eingezahlt worden, etwa 85 Millionen Euro sind fest zugesagt. Ein winziger Bruchteil der 3,5 Milliarden. Auch Deutschland will sich nicht mehr an dem Projekt beteiligen. Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel setzt auf andere Programme zum Schutz des Regenwalds.
Vor allem im Nordosten des Yasuní, im Gebiet, das die Inspektoren Block 43 nennen, sollen Ecuadors zweitgrößte Ölreserven liegen. Die Experten gehen von 846 Millionen Barrel aus, ein Fünftel der landesweiten Erdölvorräte. Es ist das Gebiet des Stamms von Andrés Machoa.
Die Männer der staatlichen Ölfirma Petroamazonas tauchen immer unangemeldet auf. „Die wissen, dass wir uns jeden ersten Samstag im Monat treffen“, sagt Machoa. „Und sie versprechen uns das Blaue vom Himmel.“ Petroamazonas wolle dafür die Erlaubnis, seismische Untersuchungen auf dem Gebiet der Gemeinschaft vorzunehmen.
Doch im Dorf Llanchama wissen sie, was passiert, wenn sie zustimmen. Alle paar hundert Meter würde es dann knallen. Die Probesprengungen dienen nur dazu, die Gesteinsschichten unter dem Urwald zu bestimmen. Denn die Ingenieure von Petroamazonas müssen noch die Stellen auskundschaften, wo man am leichtesten auf Öl stößt.
Die Comunidad Llanchama ist die letzte Dorfgemeinschaft, die sich gegen die Ölförderung sperrt. Alle warten auf ihre Unterschrift, auch die Siedler aus den Städten, die sich im Gefolge von Petroamazonas an den Rändern des Urwalds niedergelassen haben, links und rechts der schlammigen Trassen, für Bagger und Lkws. Hier halten sie kleine Viehherden, roden und leben vom Verkauf geschlagener Edelhölzer oder von der Jagd.
Die Indigenen pochen auf ihr Recht. Als der Nationalpark Yasuní eingerichtet wurde, wusste niemand außerhalb des Waldes, dass hier ganze Dorfgemeinschaften seit Jahrhunderten siedelten. Erst 1995 erhielt Llanchama die offizielle Anerkennung. Seit 2008 ist in der Verfassung das harmonische Zusammenleben zwischen Mensch und Natur als „Leitbild“ integriert – mit weitgehenden Rechten für die Indigenen. Ihr Siedlungsgebiet gilt als unberührbarer althergebrachter Besitz. Auch das von Llanchama. 26 Familien wohnen in der Dorfgemeinschaft, mehr als 150 Bewohner. 65 von ihnen sind stimmberechtigt. Sie entscheiden zusammen.
Der wichtigste Passus in dem Vertrag, den die Männer von Petroamazonas mitbringen, ist, dass das Dorf keine rückwirkenden Forderungen stellen darf. „Wir verlieren mit einer Unterschrift alle Rechte“, sagt Machoa.
Nicht nur der Ölindustrie, auch dem Dorf ist das Umweltverbrechen in der Nachbarprovinz Sucumbíos eine Warnung.
Die Rate an Vergiftungen und Krebserkrankungen liegen in der Provinz nördlich des Yasuní weit über dem Landesdurchschnitt. Ein von der US-Ölfirma Texaco geführtes Konsortium hatte 1964 die Konzession erhalten, dort Öl zu fördern. Es hinterließ vergiftetes Trinkwasser, tote Flüsse und Lagunen. Mehr als 114 Milliarden Liter giftige Abwässer und Rohöl sickerten im Zeitraum von 1972 und 1993 in den Boden. Es war eine der größten Erdölkatastrophen weltweit.
Auf Entschädigung warten die Menschen bis heute. Nachdem Texaco 1992 das Land verlassen hatte, reichten ehemalige Arbeiter und Bewohner der Region eine Sammelklage ein. Der Prozess dauerte fast zwei Jahrzehnte, Texaco wurde irgendwann von der Chevron übernommen. 2002 wurde das Verfahren nach Ecuador verlegt. Im August 2012 verurteilte das Gericht von Sucumbíos Chevron zu rund 19 Milliarden Dollar Schadenersatz. Das Unternehmen weigert sich, das Urteil anzuerkennen.
Eine Frage der Armut, sagt der Professor
Die Yasuní-Initiative war auch eine Reaktion auf das Sucumbíos-Verfahren. Sie ging von den Bewohnern der Region aus.
Wer wissen will, wie es im Urwald einmal aussehen könnte, wenn dort Öl gefördert wird, muss Hugo Navarrete besuchen. Er ist Dekan der naturwissenschaftlichen Fakultät an der Katholischen Universität in Quito. Sie betreibt seit 1994 eine Forschungsstation im Nationalpark, um die Artenvielfalt zu erfassen.
Navarrete zeigt zwei Satellitenaufnahmen. Auf der ersten ist ein Arbeitercamp der Ölfirma Petroamazonas zu sehen, erklärt der Professor. Außer den Arbeitern dürfe niemand hierhin, die Straße ins Camp sei gesperrt. Das Camp sieht vom Satelliten aus wie ein kleiner Fleck inmitten des dichten Urwalds, ein Tropfen Zivilisation im dunklen Grün.
Navarretes zweite Aufnahme zeigt eine Stelle, an der inzwischen auch Öl gefördert wird. Niemand kontrolliert hier mehr den Zugang: Auf dem Bild ist der Urwald licht geworden. An den Straßenrändern stehen Hütten. „Die Siedler schlagen vor allem Holz. Die haben keine andere Einkommensquelle“, erklärt Navarrete. Mit jedem Siedler verschwänden etwa 80 bis 100 Hektar Wald, das Holz werde verkauft, anschließend legten die Menschen Weideland an. „Im Vergleich dazu können sie den Holzeinschlag der Ölfirmen vernachlässigen,“ sagt Navarrete.
Was der Professor meint: Nicht das Öl, sondern die Menschen, die dafür in den Dschungel kommen, sind eine Gefahr für den Regenwald. Menschen, die die Armut dazu zwingt.
Deshalb ist Hugo Navarrete kein Gegner des Ölförderung und zugleich ein Freund des Yasuní. Er sieht sich als einer der wenigen Realisten in dem Streit.
Ob Öl gefördert werde oder nicht, darum gehe es in erster Linie gar nicht. Selbst ein Zwischenfall, der Bruch einer Pipeline, wäre angesichts der schieren Größe des Nationalparks keine Katastrophe: „Wenn die Ölförderung mit den entsprechenden Sicherheitsstandards gemacht wird, ist es für die Biodiversität kein Problem“, sagt der professionelle Artenschützer. Navarrete treibt etwas anderes um.
„Die Biodiversität und das Leben der indigenen Gemeinschaften im Yasuní sind und bleiben so lange bedroht, solange die Armut der Menschen nicht überwunden ist.“ So lange schwinde auch der soziale Druck auf die natürlichen Ressourcen nicht. Dann könnte der Yasuní tatsächlich in 50 Jahren verschwunden sein. „Wir sind 14 Millionen Menschen, nur etwa 4 Millionen davon sind gut ausgebildet und verdienen genug,“ sagt Hugo Navarrete.
Navarrete lehnt sich in seinem Bürostuhl zurück: „Die Idee für die Yasuní-Initiative stammt von Ökologen und Leuten, die ich Romantiker nenne.“ Rafael Correa sei ein Pragmatiker. „Kommt das Geld aus dem Ausland, machen wir es, bringt ihr es nicht, dann gilt Plan B und das Öl wird gefördert.“ So laufe das eben.
Das Geld für die Initiative Yasuní-ITT, fordert dagegen Navarrete, müsse in Projekte zur Armutsbekämpfung gesteckt werden. „Ich sehe nur nirgends einen Plan, der das vorsieht.“
Aus der Satellitenperspektive mag die Gefahr für den Wald gering sein, vom Waldboden aus gesehen ist sie eine andere.
„Was in Sucumbíos geschah, darf sich bei uns nicht wiederholen“, sagt Holmer Grefa. Seine Machete schlägt durch das Grün, schon gut eine Stunde. Schwül ist es, windstill, Moskitos sirren. Die Vegetation hat den schmalen Pfad zurückerobert. Normalerweise führt Grefa Touristen auf anderen Pfaden. Dorthin, wo Affen durch die Baumkronen streifen, wo unzählige Vogelarten singen, wo Fische in den Lagunen aufblitzen oder manchmal Flussdelphine und Otter auftauchen.
Plötzlich ändert sich das Grün. Grefa hat die Grenze zum Gebiet der Waorani überquert, den Nachbarn von Llanchama. „Sekundärwald, nichts Ursprüngliches mehr.“ Grefa betritt eine leere Lichtung im Urwald, die nur von Büschelgras überwachsen ist. Die bemoosten Betonblöcke eines Sendemastes bilden noch ein mystisches Quadrat.
Grefa, der Touristenführer, erzählt, wie hier per Hubschrauber 2008 alles hergeschafft wurde. Räumgeräte, Containerunterkünfte, Röhren, Bohrturm. Der Untergrund ist noch immer mit groben Plastikplanen abgedeckt. Schwulstig und übermannsgroß ragt das Abdichtungsrohr wie ein Kreuz aus dem Boden. „Muñeca, Puppe, nennen sie es“, sagt der Führer. Das Bohrloch könne einfach reaktiviert werden. Und noch weitere drei Fundstellen auf dem Gebiet der Waorani. Mit ihnen hat Petroamazonas ein Abkommen.
Etwa eine Stunde aufwärts steuert Grefa das Kanu zum alten Bohrloch Tiputini 1. Es ist das einzige auf dem Gebiet von Llanchama. Der Wind auf dem Fluss ist angenehm. Rund 2,50 Meter hoch ragt hier das Rohrgeschwulst in die Höhe. Noch vor Kurzem haben die in der Nähe stationierten Soldaten an einem kleinen Eckventil Öl gezapft. Der Druck presst die schwarze Flüssigkeit auch nach über vier Jahrzehnten noch an die Oberfläche.
Grefa rammt den Spaten in die Erde. Etwa Schwarzes wird sichtbar. Der Untergrund um das Bohrloch ist mit einer 30 Zentimeter dicken Ölkruste durchzogen. Es sieht aus wie geschredderter Asphalt. Grefa stochert darauf herum. „Manchmal hacken sich die Leute etwas zum Abdichten ihrer Kanus heraus.“
„Das hier ist 40 Jahre her“, sagt Grefa und zeigt auf die schwarze Masse. Auch deshalb interessiert die Yasuní-Initiative die Menschen in Llanchama wenig. Es war nie jemand hier und hat die Sache vorgestellt. „Von all dem Geld kommt uns nichts zugute“, sagt Grefa. „Wir wollen, dass unser Wald nicht zerstört wird.“
Der Dorf-Außenminister Andrés Machoa erinnert sich noch an die 80er Jahre. Damals, als die Suchtrupps der ausländischen Multis schon einmal in seinem Gebiet nach Öl bohrten. Sein Arm zieht einen großen Kreis. „Es kamen immer mehr und sie drangen in die Zonen vor, die wir bewahren wollten.“ Die Ingenieure sagten, sie würden das mit Öl und Chemikalien verschmutzte Wasser wieder in die Erde pumpen. „Das war alles Lüge. Sie ließen es über ein Sumpfgebiet in den Fluss ab. Alle Fische sind verendet.“ Er wischt sich die Hände, als klebte daran noch immer schwarze Schmiere.
Seit acht Jahren kämpft sein Dorf gegen die Ölförderung. Unterstützung bekamen sie von einer Nichtregierungsorganisation aus Spanien, Solidaridad Internacional. Seitdem wissen die Leute von Llachama von ihren Rechten und wie man sie verteidigen kann. Denn Petroamazonas hört nicht auf, Druck zu machen. „Sie ködern mit Arbeitsplätzen, mit Gesundheitsversorgung, mit Stipendien.“ Weil sie damit schafften, die Dörfer zu spalten, bekamen sie am Ende die Einwilligung der Gemeinschaften. „Die gingen gar nicht zu den Versammlungen, sondern haben alles mit den Anführern ausgehandelt“, sagt Machoa. Was dabei wem versprochen wurde, kann er nicht sagen.
20 Dollar pro Hektar hat Petroamazonas zuletzt für die Rechte an den seismischen Untersuchungen geboten. „Das wären 242.000 Dollar. Da blieben für jeden knapp 3.750 Dollar. Das bringt nichts.“
Petroamazonas, die ecuadorianische Firma, hält die Mehrzahl der Konzessionen im Yasuní. Internationale Wettbewerber haben sich wieder verabschiedet, wie 2008 die brasilianische Petroas. Denn was bisher unter dem Nationalpark gefunden wurde, ist von mittlerer bis schlechter Qualität. Doch Petroamazonas kann auf den Rückhalt aus der Hauptstadt Quito vertrauen.
Plan B schwebt weiter wie giftiger Nebel über dem Regenwald.
Schon bevor Correa die Yasuní-ITT-Initiative verkündete, beruhigte er die Ölfirmen damit: Wenn andere Länder nicht zahlen, werde gebohrt. Es sei schließlich verantwortungslos, auf die Öldollars zur Bekämpfung der Armut und zur Verbesserung des Gesundheits- und Bildungswesen zu verzichten.
Machoa kann das nicht mehr hören. „Zuerst hieß es, die Ölfirma holt uns aus der Armut. Jetzt will es die Regierung. Aber aus welcher Armut?“
Sein Blick wird wieder streng. „Wer ist hier früher aus Armut gestorben, an Hunger oder schlechter Ernährung?“, fragt er. „Niemand! Wir haben Bananen, Yucca, Kakao. Wir leben von der Landwirtschaft. Wir versuchen es jetzt auch mit Kaffee. Das Einzige, was hier fehlt, ist Salz und Zucker.“ Eine zerstörte Umwelt nützt den Kichwa nichts. Das Jagen und Fällen haben sie aufgegeben, ihre große Hoffnung ist der Tourismus. Vier Gästehäuser haben sie schon fertiggebaut.
Sie sagen den Männern der Ölfirma immer wieder ab. Bisher.
■ Jürgen Vogt, 52, Politologe, ist taz-Korrespondent in Buenos Aires