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Archiv-Artikel

Kein Wasser, keine Wohnung

SOZIALES Weil der Vermieter die SWB-Rechnung nicht bezahlt, leben seit April Familien in einem Haus in Aumund ohne Wasser: Dabei hatte die Sozialbehörde zugesichert, die MieterInnnen bis Mitte Juli umgesiedelt zu haben

Ende Juli hatte der Bremer Energieversorger SWB angekündigt, einen runden Tisch organisieren zu wollen, um das Problem mit Strom- oder Wassersperren „grundsätzlich“ anzugehen. Und während fleißig weiter organisiert wird, sitzen die MieterInnen eines Mehrfamilienhauses in Aumund noch immer auf dem Trockenen – vor über vier Monaten hat die SWB dort das Wasser gesperrt (taz berichtete).

Obwohl die Sozialbehörde die MieterInnen bis Mitte Juli in neue Unterkünfte vermitteln wollte, haben laut Bernd Schneider, Sprecher der Sozialsenatorin, erst zwei Familien eine Wohnung gefunden, „bei einer Person gab es ein Vermittlungsangebot für September und bei einer Frau steht der Auszug unmittelbar bevor“. Bei einer weiteren Familie habe sich erst am vergangenen Freitag herausgestellt, dass sie Anspruch auf Sozialleistungen habe: „Damit haben wir jetzt die Möglichkeit, bei der Wohnungssuche zu helfen.“

Was es mit dieser Familie auf sich hat, weiß Detlef Scharf: „Der Vermieter holt Leute aus Bulgarien zum Arbeiten auf seine Baustellen – für einen Hungerlohn und ohne Sozialversicherung.“ Scharf ist CDU-Fraktionssprecher im Beirat Vegesack und Schönebecker Feuerwehrchef und kümmert sich um die wasserlosen HausbewohnerInnen. „Erst als der Mann aus dieser Familie krank wurde und eine Krankenhausrechnung bekam, hat er gemerkt, dass er nicht krankenversichert war. Dass der Zoll in diese Baustellen noch nicht wegen Schwarzarbeit reingefegt ist, das versteh ich einfach nicht“, sagt er.

Das Bauamt habe dem Vermieter zwar teilweise die Nutzung des Hauses als Wohnraum untersagt, „aber jetzt will er ein paar neue Wände einziehen und dann wieder vermieten. Der holt einfach die nächsten Leute – auch wenn im Haus immer noch kein Wasser ist“, sagt Scharf. Seine offene Wasserrechnung nämlich will der Hauseigentümer nicht bezahlen: Er schuldet der SWB mittlerweile 40.000 Euro und findet das laut Weser-Kurier „eine Frechheit“. Er werde nichts zahlen, „und wenn ich dafür in den Knast gehe“.

Dabei haben die MieterInnen jeden Monat Wassergeld gezahlt – bloß ist das nie an die SWB weitergeleitet worden. „Der Typ ist ein Gangster“, sagt Scharf über den Vermieter. Einem Hausbewohner seien sogar Prügel angedroht worden, weil er sich wegen der Wassersperre öffentlich geäußert hatte. „Und die sogenannten Wohnungen sind Zimmer für zehn bis 18 Euro den Quadratmeter.“ Niemand hätte die Zustände hinterfragt, auch das Jobcenter nicht, das in vielen Fällen die Miete übernommen hätte.

Und auch die SWB zeigt sich weitestgehend desinteressiert am Schicksal der BewohnerInnen. Sie machte ihnen zwar Mitte Juni das Angebot, den Hahn wieder aufzudrehen, allerdings nur, wenn sie ab sofort 250 Euro direkt an die SWB zahlten – viel zu viel. Und so wird das Haus in Aumund wohl auch zukünftig ohne Wasser bleiben, unabhängig davon, ob dort Menschen leben oder nicht.  SIMONE SCHNASE