: Endlich schneller ins Fernsehen
ZDF Die Redaktion „Das kleine Fernsehspiel“ will künftig zwei bis vier 50-minütige Spielfilme jährlich produzieren, um jungen Talenten den Einstieg in die Branche zu erleichtern. Den Anfang macht „Rammbock“ – ein Zombiefilm
„RAMMBOCK“-REGISSEUR MARVIN KREN
VON SVEN SAKOWITZ
Deutschland wird von Zombies regiert: Wild wütend verbreiten sie Angst und Schrecken, immer auf der Suche nach Opfern, die sie mit einem gefährlichen Virus infizieren und so zu ihresgleichen machen können. Mittendrin in diesem Albtraum: ein Österreicher, der sich trotz des Chaos von Wien aus aufgemacht hat, seine Exfreundin in Berlin zu besuchen und ihr Herz zurückzuerobern. Das ist die Geschichte, die Regisseur Marvin Kren in seinem Film „Rammbock“ (Arbeitstitel) erzählt. Im Herbst 2010 soll er ins Fernsehen kommen, vorab auf wichtigen Festivals laufen. Der Auftraggeber für diesen ungewöhnlichen Genrefilm ist der Sender, bei dem Zombies normalerweise nur in Volksmusiksendungen auftreten: das ZDF. „Rammbock“ ist der erste Zombiefilm überhaupt, der von den Mainzern produziert wird.
„Zombiefilme gelten als anrüchig, deshalb waren wir unsicher, wie unser Vorschlag bei den Kollegen im Haus aufgenommen würde“, sagt Katharina Dufner, die für „Das kleine Fernsehspiel“ als Redakteurin das Projekt betreut. „Aber alle verantwortlichen Personen waren von der Idee und dem Buch sehr angetan.“ Zombies sieht Dufner in diesem Fall als Metapher für die permanente Bedrohungssituation, in der sich viele Menschen wähnen: „Die Menschen haben Angst vor dem Terrorismus, vor dem wirtschaftlichen Kollaps, vor der Bedrohung durch Pandemien. Man hat den Eindruck: Die Angst erreicht jeden, Menschen haben Angst vor Menschen. Dieses Thema lässt sich mit diesem Genre hervorragend transportieren.“
Nicht nur das Zombiegenre ist neu fürs ZDF. „Rammbock“ ist auch die erste Produktion, die beim „Kleinen Fernsehspiel“ nach neuen Richtlinien für mittellange Formate entsteht. „Wir wollen mit dem neuen Ansatz jungen Filmschaffenden die Möglichkeit geben, so schnell wie möglich einen Film zu realisieren, der auch bald im Fernsehen ausgestrahlt werden kann“, sagt Redaktionsleiterin Claudia Tronnier. Jeder Film ist 50 Minuten lang, das Budget auf 200.000 Euro festgeschrieben, es gibt keine Kinoauswertung und somit auch keine Budgetbeteiligung durch die Filmförderung. Letzteres habe einen großen Vorteil, sagt Claudia Tronnier: „Allein die Finanzierung von Kinokoproduktionen mit diversen Anträgen bei den Filmförderungen einzuholen, dauert oft ein Jahr oder länger. Außerdem gibt es eine Fernsehsperre von 18 Monaten. Bis ein Film bei uns gesendet werden kann, vergehen gut und gerne vier Jahre – von der Annahme des Projekts bis zur Ausstrahlung. Manche Filme hätten wir gern schneller im Programm.“ Von dem neuen Format wollen sie zwei bis vier Produktionen pro Jahr auf den Weg bringen.
„Rammbock“-Regisseur Marvin Kren bekam als Erster den Zuschlag und sieht die Formatidee positiv. „Das ist eine große Chance für mich. Wer bekommt schon die Möglichkeit, kurz nach der Filmhochschule seinen ersten längeren Film zu machen?“, sagt der 29-jährige Österreicher. Kren studierte bis 2008 Regie bei Stefan Krohmer („Sie haben Knut“) an der Hamburg Media School und wurde für seinen Abschlusskurzfilm „Schautag“ mit dem Max-Ophüls-Preis ausgezeichnet: „Auf der Filmhochschule wird einem oft prophezeit, mit was für Schweinen man es später beim Fernsehen zu tun haben wird, aber bis jetzt kann ich das nicht bestätigen. Ich habe bei der Arbeit große künstlerische Freiheit genossen.“
Klar ist: Mit einem Budget von 200.000 Euro haben ein Regisseur und sein Team nicht gerade üppig Zeit – „Rammbock“ wurde im Herbst an 13 Tagen gedreht. „Wir hatten ein extrem dichtes Programm und waren sicher, dass wir das gar nicht schaffen können“, sagt Kren, der zurzeit in Hamburg am Schnitt arbeitet. Und auch eine weitere negative Folge des Minibudgets spricht er an: „Wir konnten der Filmcrew keine Tariflöhne zahlen, das löst verständlicherweise immer mal wieder Missbehagen aus. Die Leute bekommen zu wenig Geld, müssen aber 13 Stunden am Set sein. Da habe ich als Regisseur ein schlechtes Gewissen.“ Die knapp 90 Komparsen für die Zombierollen gingen sogar komplett leer aus und mussten sich für ihre Gruseleinlagen mit einem warmen Essen zufrieden geben. Trotzdem habe es nie große Probleme gegeben, versichert Kren: „Am Set waren alle hoch motiviert. Ich möchte keine falsche Romantik aufkommen lassen, aber ich glaube, dass die Mitarbeit bei so etwas Besonderem wie einem Zombiefilm für die schlechte Entlohnung entschädigt.“ Offenbar hat er recht – vor Wut gebissen haben ihn seine Zombies jedenfalls nicht.