: Kreativpool Kleinverlag
Die Kleinverlagsszene diskutierte am Wochenende über „Lust und Frust des Verlegens“ im Literarischen Colloquium am Wannsee. Siebzehn Verlage waren dabei. Die Ideenvielfalt ist groß, das Werbebudget dagegen klein
VON SASKIA VOGEL
Die Bezeichnung „Kleinverlag“ ist Angelika Klammer nicht wirklich recht. Zwar würde ein kleines Team gerade einmal 15 Buchtitel jährlich herausbringen, diese wären qualitativ aber „mitnichten Kleinigkeiten“, so die Cheflektorin von Jung und Jung aus Salzburg. Das befand auch die Jury des Deutschen Buchpreises 2008, die Sherko Fatahs „Das dunkle Schiff“ in die Longlist für die Frankfurter Buchmesse aufnahm.
Diese Ehre wurde schon so manchem Kleinverlag zuteil, darunter Blumenbar aus München. Mit Spannung erwartet Klammer nun, ob es „Das dunkle Schiff“ auch noch in die engere Auswahl für den Preis schafft, die Mitte September dann bekannt gegeben wird: „Vielleicht wird dann auch für uns kräftig Werbung gemacht.“
Siebzehn Aussteller waren am Samstag zu Gast auf der Gartenmesse „Kleine Verlage am Großen Wannsee“ im Literarischen Colloquium (LCB). Rund 600 Gäste kamen, und die Verlage brachten einige ihrer Autoren mit: Johanna Straub las unveröffentlichte Erzählungen, René Hamann war da, und Sebastian Kleinschmidt zitierte aus seiner Essaysammlung „Gegenüberglück“.
„Der Hype um die Kleinverlage ist etwas abgeflaut, dafür hat sich die Szene etabliert“, sagte das Dresdener Team von Voland & Quist. Die Gartenmesse fand bereits zum dritten Mal statt. Auf den LCB-Podiumsdiskussionen „Lust und Frust der kleinen Verlage“ stimmte erfreulicher Weise kaum einer die Litanei an, dass die großen Konzerne die kleinen Häuser an den Rand drängen würden. Natürlich würde ein begrenztes Marketingbudget den Buchverkauf erschweren, bei Hugendubel etwa sei redaktioneller Platz im Werbemagazin so gut wie unerschwinglich.
Charakter und Flexibilität in der Programmgestaltung hätte der „Kreativpool Kleinverlage“ den großen Konzernen jedoch voraus. Klaus Sander etwa besetzt mit seiner Berliner Hörtext-Edition supposé eine sehr individuelle Nische. Mit seiner Pionierarbeit, Vorträge von Wissenschaftlern auf CD zu brennen, stehe er „praktisch konkurrenzlos“ da. „Als ich 1996 mit supposé startete, gab es noch gar keine Hörbuchabteilungen bei den Verlagen.“
Eigenwilligkeit, das ist auch das Konzept von Daniela Seel, um im Büchermeer herauszustechen. Immerhin gab es 2007 nach Angaben des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels rund 96.000 Novitäten.
Die 33-Jährige leitet in einem Charlottenburger Zimmerchen ihren „Eine Lektorin und ein Grafiker“-Verlag kookbooks. Seel sagt bewusst „herausstechen“ und nicht „auf dem Markt behaupten“. Sie arbeitet nach dem „L’art pour l’art“-Prinzip: „Der Markt, der ist mir weitestgehend egal.“ Offensichtlich, denn kookbooks ist auf Poesie spezialisiert und damit ein Exot innerhalb einer Exotenlandschaft.
Damit kleinere Verlage ihre Bücher besser ans Publikum bringen können, sei es am sinnvollsten, an den eigenen Strukturen zu arbeiten. Konkret heiße das: Es muss sich ein innovativer stationärer Buchhandel etablieren, der am Samstagabend auch mal eine Verkaufsparty mit DJ-Beschallung startet. „Viele der Besitzer kleiner Buchhandlungen sind im Rentenalter, haben lange nicht renoviert und betrachten die ungewöhnlich illustrierten kookbooks mit Stirnrunzeln. Die wollen keine Neuigkeiten mehr“, beschrieb Seel ihre Eindrücke.
In Österreich scheint der lokale Buchverkauf besser zu laufen. Auch wenn Hanser 1996 Zsolnay übernommen hat und der große Residenz Verlag 2000 die Anzahl seiner Romantitel signifikant schmälerte, werde der heimische Belletristikmarkt vor allem von Deutschland aus heute besser bedient – zum Vorteile der kleinen Häuser.
„Unsere Bücher werden im Feuilleton gern besprochen und von den hiesigen Händlern bevorzugt ins Programm genommen, weil sie noch ‚zu Hause‘ verlegt werden“, schilderte Jürgen Lagger vom Wiener Luftschacht Verlag die Situation. „Wir haben es diesbezüglich etwas leichter als die deutschen Kollegen.“