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Archiv-Artikel

peter w. jansen ist tot Ein Kind der heroischen Ära

In der deutschen Filmkritik der letzten Jahrzehnte war Peter W. Jansen schlicht und einfach: präsent. Unüberhörbar, obgleich er nie große Töne spuckte. Unübersehbar, obgleich er sich nie in den Vordergrund drängte. In der legendären Filmkritik konnte man ihn lesen, aber er schlug die Schlachten, die dort tobten, nicht an vorderster Front. Während andere Beiträger sich bekriegten, verbittert verstummten, sich radikalisierten, von der Filmkritik abwandten und verschwanden, wollte Peter W. Jansen in die Breite wirken und die Allgemeinheit erreichen.

In den Siebzigern, als „aspekte“ im ZDF noch ein Kulturmagazin war, das den Namen verdiente, setzte er sich dort Woche für Woche für die Filme ein, die er liebte. Jansen, Verehrer der Nouvelle Vague und von New Hollywood, war immer ein einflussreicher Wegbereiter und Wegbegleiter des Neuen Deutschen Films und seiner Protagonisten von Kluge über Herzog bis Straub und Huillet. Die schmerzlich vermisste blaue „Reihe Film“ bei Hanser hat er gemeinsam mit Wolfram Schütte begründet und herausgegeben. Ihre Einstellung in den frühen Neunzigerjahren war für die ernsthafte und über Nischen hinausreichende Auseinandersetzung mit dem Kino und seinen KünstlerInnen in Deutschland ein schwerer Schlag.

Peter W. Jansen war ein Kind der heroischen Ära des europäischen Kinos und er blieb von deren Emphase und Ethos bis hinein in die anderen Zeiten, in denen wir leben, immer beseelt. Der Idee nach adressierte er darum seine Texte und vor allem seine Fernseh- und Hörfunkbeiträge immer an alle, in der Überzeugung, dass auch das Schwierige und Anspruchsvolle auf offene Augen und offene Ohren stößt, wenn es nur geduldig und eindringlich, mit einer Begeisterung, die ansteckt, vermittelt wird. Er wollte auf ganz altmodische Weise populär sein, ohne jede Anbiederung an das, was irgendwann Zielgruppe hieß.

Für den SWR, seinen Heimatsender, hat Peter W. Jansen hundert Folgen einer Radio-Serie zur Geschichte des Spielfilms produziert. „Jansens Kino“, so der treffende Titel, war sein wohl ambitioniertestes Projekt. In Ausschnitten, Collagen, Beschreibungen und Analysen stellt er in einer halben Stunde jeweils einen Film der ihm wichtigsten Regisseurinnen und Regisseure vor. Das Spektrum reicht von Griffith bis Scorsese, von Renoir bis Rivette, von Fritz Lang bis zu Edgar Reitz’ „Heimat“. Und das Schönste: Die Serie erscheint seit ein paar Jahren in einer monumentalen Audio-CD-Edition.

Peter W. Jansen ist am Samstag im Alter von 78 Jahren gestorben. Jansens Kino wird bleiben. EKKEHARD KNÖRER