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Archiv-Artikel

Ein ganz seriöser Kollege

Bisher geheime Passagen eines Bundestagsberichts belegen, wie intensiv der „Focus“-Redakteur Josef Hufelschulte mit dem Bundesnachrichtendienst kooperierte

FREIBURG taz ■ Josef Hufelschulte ist nicht die Unschuld vom Lande, als die er sich darstellt. Der Focus-Redakteur steht derzeit im Verdacht, zusammen mit einem Nachrichtenhändler geheime BKA-Unterlagen gegen Geld weiterverkauft zu haben. In einem Fall soll er einen Betroffenen – den zwielichtigen Agenten Werner Mauss – mit den Unterlagen sogar erpresst haben. Diese Vorwürfe machten das NDR-Magazin „Panorama“ und das Bundeskriminalamt kurz vor Ostern bekannt. Hufelschulte klagt inzwischen gegen die Vorwürfe.

Der Focus-Journalist, der vor allem über Sicherheitsthemen schreibt, ist nicht zum ersten Mal in einen Skandal verstrickt. Auch im BND-Skandal spielte er eine große Rolle, nach eigener Darstellung als Opfer, das überwacht und ausgeforscht wurde. Der taz vorliegende Unterlagen deuten nun aber darauf hin, dass Hufelschulte auch freiwillig und intensiv mit dem Bundesnachrichtendienst zusammenarbeitete und dabei zahlreiche Interna aus der Redaktion des Konkurrenzblattes Spiegel an den Geheimdienst verriet.

Aufgelistet sind die Kontakte Hufelschultes zum BND im sogenannten Schäfer-Bericht. Der ehemalige Bundesrichter Gerhard Schäfer war Ende 2005 vom Geheimdienstkontrollgremium des Bundestags als Sonderermittler eingesetzt worden, um die Bespitzelung von Journalisten durch den BND aufzuklären und zu bewerten. Im Mai 2006 wurde der Schäfer-Bericht veröffentlicht – ohne die Passagen, die Hufelschulte betrafen. Der Focus-Mann hatte eine einstweilige Verfügung erwirkt, dass Schäfer nichts über ihn veröffentlichen dürfe, weil es dafür keine Rechtsgrundlage gebe.

Aus den damals entfernten Passagen des Berichts geht hervor, dass Hufelschulte eher Täter als Opfer war. Von den rund 14 Seiten im Schäfer-Bericht beschäftigen sich nur eineinhalb mit der Observation von Hufelschulte. Informationen aus dessen Intimsphäre enthalten sie nicht. Einmal wurde er vom BND erfasst, als er das vom Geheimdienst observierte Haus des BND-Kritikers Erich Schmidt-Eenboom besuchte. Gelegentlich spazierten BND-Späher an Hufelschultes Haus vorbei, um zu sehen, welche Autos vor seiner Tür stehen.

Der Rest der bisher unveröffentlichten Passagen beschreibt dagegen, wie Hufelschulte intensiv mit dem BND kooperierte. Kein Wunder, dass Hufelschulte die Veröffentlichung verhindern wollte. Über vier Jahre hinweg, von 1994 bis 1998, soll der Redakteur 58 Mal mit BND-Sicherheits-Chef Volker Foertsch gesprochen haben, der darüber Notizen anfertigte und gegenüber Schäfer aussagte. Foertsch interessierte sich vor allem für Lecks im BND, er wollte wissen, wie der Spiegel an BND-Interna kam. Hufelschulte, der später den Tarnnamen „Jerez“ erhielt, scheint bereitwillig erzählt zu haben.

BND-Akten, die der Spiegel 1995 in einem Bericht über die Plutonium-Affäre zitierte (der BND hatte einen Plutonium-Handel aufgedeckt, den er zuvor selbst initiierte), seien aus der Umgebung des Vizepräsidenten Gerhard Güllich an den Spiegel gelangt. Für Verfahrensakten im Plutonium-Verfahren habe der Spiegel 60.000 Mark an einen Anwalt bezahlt, außerdem habe das Magazin die Anwaltskosten eines der Plutonium-Händler bezahlt. 1995 habe der Spiegel das Tagebuch des Terroristen Johannes Weinrich im Jemen kaufen wollen.

Hufelschulte, der ja bei Focus arbeitete, gab also vor allem Spiegel-Interna weiter. Erwähnt ist im Schäfer-Bericht, dass Hufelschulte eine Quelle in der Registratur des Spiegels gehabt haben soll. Die Gespräche waren, so Schäfer, nicht rechtswidrig, weil der BND offen mit Hufelschulte redete und zu Recht nach den Schwachstellen in den eigenen Reihen suchte. Der Sonderermittler wunderte sich aber, „wie weit Hufelschulte mit seinen Informationen“ gehe. Insgesamt ist der Bericht wohl kein Beleg für die Einschätzung von Focus-Herausgeber Helmut Markwort, dass Hufelschulte ein „ganz seriöser Kollege“ sei.

Immerhin enthält der Bericht keinen Hinweis darauf, dass Hufelschulte damals Informationen verkauft hat. Für die Gespräche mit Foertsch bekam er laut Schäfer keine Honorare. Es liege aber nahe, dass er geheime BND-Informationen erhalten habe. Bewiesen sei das jedoch nicht. CHRISTIAN RATH