: Neuer Jalloh-Prozess
Feuertod des Asylbewerbers geht vor Bundesgerichtshof. Politiker aller Parteien unzufrieden mit der Aufklärung
DRESDEN taz ■ Der Feuertod des afrikanischen Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle wird vor dem Bundesgerichtshof erneut verhandelt. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die drei Nebenkläger der Jalloh-Familie beantragten am Donnerstag Revision.
Erst am Montag hatte das Landgericht Dessau in Sachsen-Anhalt zwei Polizeibeamte mangels Beweisen vom Vorwurf freigesprochen, am Tod des Asylbewerbers im Januar 2005 mitschuldig zu sein. Daraufhin hatten vor allem Schwarze lautstark gegen das Urteil protestiert und die Richterbank bedrängt.
Die Freisprüche lenken das Augenmerk erneut auf die Zustände in der Landespolizei. Der Vorsitzende Richter Manfred Steinhoff hatte in seiner Urteilsbegründung die Polizisten für das Scheitern des Verfahrens mitverantwortlich gemacht und ihnen Falschaussagen vorgeworfen. Auch Oberstaatsanwalt Christian Preißner machte auf Widersprüche in den Aussagen aufmerksam.
Nach Angaben der Polizeidirektion Dessau sind im Zusammenhang mit dem Fall drei Disziplinarverfahren eingeleitet worden, darunter zwei gegen die beiden Angeklagten. Sie ruhen jedoch weiterhin, weil die Freisprüche vom Montag nicht rechtskräftig sind. „Der dritte Beamte ist der Einzige, der in diesem Fall bestraft worden ist“, bemerkt die Innenpolitikerin der Linksfraktion im Landtag, Gudrun Tiedge, sarkastisch. Es handelt sich um jenen ehemaligen Staatsschützer, der im Polizei-Untersuchungsausschuss des Landtags die Äußerung „Schwarze brennen eben länger“ eines anderen Beamten öffentlich gemacht hatte. Dafür erhielt er einen Verweis und wurde versetzt.
Das SPD-geführte Innenministerium verweist darauf, dass inzwischen die Gewahrsamsordnung verbessert worden sei. Die Grünen in Sachsen-Anhalt erneuerten ihre Forderung nach einer Innenrevision bei der Polizei und der Einsetzung eines unabhängigen Ombudsmannes. Auch im Magdeburger Landtag hatte das Jalloh-Urteil am Donnerstag ein Nachspiel. „Der Vorgang beschämt uns alle“, sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU). Böhmer äußerte zudem Verständnis für die Proteste gegen das Urteil. Auch Holger Stahlknecht, rechtspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, ist über die misslungene Aufklärung des Falles verärgert. „Wenn ein Mensch im Polizeigewahrsam stirbt, ist das ein ganz schlimmer Vorgang“, sagte Stahlknecht der taz. MICHAEL BARTSCH