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Archiv-Artikel

Pleitemanager beraten die EU

Für die Reform des Finanzsystems lässt sich die EU-Kommission von Finanzexperten der Lehman Brothers und der Citigroup beraten. Kritiker: EU macht Bock zum Gärtner

BERLIN taz ■ Wie Finanzkrisen künftig durch eine bessere Aufsicht verhindert werden können, darüber machte sich eine von der EU-Kommission einberufene Expertengruppe Gedanken. Ihr gerade vorgelegter Plan, mit dem sich der EU-Gipfel Mitte März befassen wird, sieht eine verbesserte Kooperation zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden durch ein dezentrales Netzwerk vor. Einige Nichtregierungsorganisationen fragen sich aber, ob die EU nicht den Bock zum Gärtner gemacht hat. Die Expertengruppe setze sich aus just den Finanzleuten zusammen, die zum Entstehen der Krise beigetragen beziehungsweise nichts zu ihrer Verhinderung getan haben, heißt es in einem gemeinsamen Bericht von Friends of the Earth Europe, der deutschen Organisation LobbyControl, der britischen SpinWatch und des niederländischen Corporate Europe Observatory. Von den acht Finanzweisen hätten vier als Manager oder Berater für die großen Banken im Zentrum der Krise gearbeitet, darunter Citigroup und die Pleitebank Lehman Brothers. Einer stand der britischen Finanzaufsicht vor, die vom Zusammenbruch der Hypothekenbank Northern Rock völlig überrumpelt worden war. Der Vorsitzende der Gruppe schließlich, Jacques de Larosière, habe als einer der Vorstände der Finanz-Lobbyorganisation Eurofi und als Berater der französischen Großbank BNP Paribas die Meinung vertreten, mehr Regulierung sei gar nicht nötig.

„Die Kommission muss für einen offenen und transparenten Prozess sorgen, der gewährleistet, dass die Empfehlungen im Interesse aller Europäer sind, nicht nur der Finanzbranche“, fordert Andy Rowell von SpinWatch. Die Expertengruppe sei ein typischer Fall „privilegierten Zugangs bestimmter Interessengruppen zu den Entscheidungsträgern“, heißt es in dem Report.

Ein Sprecher der Kommission zeigte sich verwundert über die Kritik. Für die Beratergruppe habe man darauf geachtet, ausgewiesene Finanzfachleute aus verschiedenen Ländern und Bereichen zu bekommen. „Wenn es um eine Finanzkrise geht, holt man sich nun mal Finanzexperten und keine Umweltexperten“, so der Sprecher. NICOLA LIEBERT