: Die kleine Wortkunde (Neue Medien)
Ausgerechnet in einem Berliner Altbau, da sind sie zu Hause: die Neuen Medien, die so neu ja eigentlich gar nicht mehr sind – aber eben nicht für jeden. Auch von den Neuen Bundesländern ist rund 20 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch die Rede. Das wird auch so bleiben, bis selbst der letzte westfälische Torfkopf mal in Dresden, Leipzig oder Weimar war. Kann also noch was dauern.
Neu ist alles, woran man sich noch nicht gewöhnt hat. Das gilt bei Zuschauern öffentlich-rechtlicher Nachrichtensendungen auch und besonders für dieses Internet. Und so hielt es die Redaktion der „Tagesthemen“ anlässlich der Handymesse in Barcelona für eine gute Idee, einen Reporter auf eine ethnologische Expedition ins Berliner WLAN-Café Sankt Oberholz zu schicken, zu jungen Menschen und ihren iPhones und Macbooks. Der Autor, ein jugendlicher Typ um die 40, ist dabei im Dienste seiner Zuschauer frühvergreist. „Warum noch reden, wenn man posten kann?“, fragt er und man kann sich das zustimmende Nicken in altdeutsch möblierten Wohnstuben gut vorstellen: Ja, wo soll das noch hinführen? Was das Privatfernsehen nicht geschafft hat, wird diesem Internet wohl gelingen: der Untergang des Abendlandes.
Doch der Film macht auch Hoffnung, indem er einen Aussteiger befragt, der sein Facebookkonto gelöscht hat. Uiuiui! Vielleicht können solche Helden des Widerstands ja dafür sorgen, dass dieses Internet wieder weggeht. Neu bleibt auch, was nicht alt wird – mögen die Neuen Medien ein Irrtum der Geschichte bleiben wie der Bildschirmtext!
Vielleicht ist das aber auch alles nur eine Finte und die „Tagesthemen“ stellen sich absichtlich dumm, um im Streit mit den Verlegern um die Internetaktivitäten der Öffentlich-Rechtlichen das Signal zu senden: Von uns habt ihr nichts zu befürchten – zumindest nix Neues. DENK