: Der Rassisten Kontra gibt
Jedes Mal, wenn ich nach Verona komme, ekelt mich das Publikum dort mehr an.“ Der 19-jährige Stürmer Mario Balotelli hatte gerade am Mittwoch das Siegtor für Inter Mailand gegen Chievo Verona geschossen. Doch statt zu feiern, rechnete er ab. Wieder einmal nämlich hatte er sich rassistische Sprechchöre anhören dürfen.
In Palermo geboren, in Brescia aufgewachsen, mit einem norditalienischen Dialekt gesegnet, welcher der rassistischen Lega Nord gefallen würde, hat Balotelli für viele Fankurven ein unverzeihliches Manko: Er ist schwarz, seine Eltern stammen aus Ghana. Schlimmer noch: Balotelli lässt sich nichts gefallen.
„Darf ein Schwarzer das?“, fragen dutzende Web-Foren unverhohlen, und liefern die Antwort gleich mit: natürlich nicht. Mit 17 schon stand er in der 1. Mannschaft von Inter, schoss im ersten Spiel gleich zwei Tore, wendete immer wieder Partien – und gilt als Kandidat für die Nationalmannschaft, vielleicht schon bei der WM in Südafrika. Doch statt Bewunderung schlägt ihm oft Hass entgegen. Im letzten April brüllten die Juventus-Fans in Turin ein ganzes Spiel lang: „Es gibt keine italienischen Neger.“ Selbst Stars wie Francesco Totti beschimpfen ihn als „respektlosen“ Lümmel, weil er auf rassistische Ausfälle der Fankurven mit sarkastischen Gesten reagiert, nach gewonnener Partie gegnerischen Fascho-Fans ironisch Beifall spendet und auch mal Gegenspieler anmacht. Als Marco Materazzi den Franzosen Zinedine Zidane im WM-Finale 2006 mit üblen Sprüchen zum legendär gewordenen Kopfstoß provozierte, fanden Italiens Fans das genial. Leistet sich aber ein Schwarzer auf dem Platz flegelhafte Sprüche („Scheiß-Römer“), soll das nur unanständig sein.
So geht die rassistische Doppelmoral vom braven untertänigen Schwarzen, der auch bei übelsten rassistischen Attacken die Contenance zu wahren hat. Balotelli spielt da nicht mit. Veronas Bürgermeister Flavio Tosi (Lega Nord) verkündete, Balotelli sei bloß „ein unreifes und aufgeblasenes Jüngelchen“. Tosi wurde jüngst wegen rassistischer Ausfälle verurteilt. Balotelli entschuldigte sich am Freitag, aber „nicht bei jenen, die mich beleidigt haben, sondern bei dem Teil des Publikums, das damit nichts zu tun hat“. MICHAEL BRAUN