: Die erwartete Niederlage
REFORM Regierung ohne Mehrheit im Bundesrat
BERLIN taz/dapd | Wenn an diesem Freitag der Bundesrat zusammentritt, wird erwartet, dass die Bundesregierung die Abstimmung über das Gesetz zur Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze und das Bildungspaket für Kinder verliert. Die Opposition verweigert ihre Zustimmung.
Um fünf Euro, von 359 auf 364 Euro monatlich, will die Bundesregierung die Regelsätze für Erwachsene zum 1. Januar 2011 anheben. Die Kinderregelsätze werden nicht angehoben. Sie liegen weiterhin – je nach Alter – zwischen 215 und 287 Euro.
Mit einem Bildungspaket will die Regierung rund 2,3 Millionen Kinder fördern, darunter auch solche, deren Eltern als Geringverdiener den Kinderzuschlag erhalten. Zum 740 Millionen teuren Paket gehören sowohl die – recht restriktiv gehandhabte – Förderung von außerschulischer Nachhilfe als auch hundert Euro für Schulmaterialien pro Kind und Jahr. Beide Leistungen existieren bereits in dieser Höhe.
Neu sind hingegen zehn Euro monatlich, die jedes Kind als Zuschuss für den Besuch von Musik- oder Sportvereinen erhalten kann. Das Jobcenter kommt zudem künftig für eintägige Schulausflüge in Höhe von 30 Euro pro Jahr auf und finanziert die Beförderung zur Schule über die zehnte Klasse hinaus. Kinder, in deren Kitas oder Schulen ein Mittagessen angeboten wird, können zudem einen Zuschuss für das Essen erhalten.
SPD, Grüne und Linke kritisieren einhellig, dass die Regelsätze kleingerechnet wurden, und verlangen eine transparente Neuberechnung. Die Sozialdemokraten wollen zudem, dass das Bildungspaket 140.000 Kindern zugute kommt, deren Eltern Wohngeld beziehen, und dass an jeder Schule ein Sozialarbeiter beschäftigt wird. Sie fordern einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro und langfristig ein Investitionsprogramm für den Ausbau von Ganztagsschulen.
Für Streit sorgt auch die Frage, ab wann die neuen Leistungen ausgezahlt werden sollen. Die Regierung ist der Ansicht, dass die Regelsatzerhöhung erst kommen kann, wenn das Gesetz durch den Bundesrat ist. In Sachen Bildungspaket prüft das Bundesarbeitsministerium derzeit noch, ob ein Abrufen der Leistungen zum 1. Januar möglich ist. „Frau von der Leyen hat sich entgegen ihrer früheren Äußerungen entschieden, die Leistungen nicht zum 1. Januar zu gewähren, das ist abenteuerlich“, kritisierte Elke Ferner, stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende, die Arbeitsministerin.
Bereits am Freitag könnte – sofern die Hartz-IV-Reform blockiert würde – der Vermittlungsausschuss aus Bundesrat und Bundestag zusammentreten, um eine Kompromisslösung zu finden. Das noch in diesem Jahr eine Einigung erzielt wird, ist allerdings unwahrscheinlich. Lösungsvorschläge müssen von einer Arbeitsgruppe gefunden werden, der jeweils acht Vertreter von Bund und Ländern angehören. Die früheste Sitzung, auf der der Bundesrat dann zustimmen könnte, findet am 11. Februar statt. VOE