: Currywurst im Weltall
HÖRSPIEL Science-Fiction mit grübelndem Testpiloten: die Audioreihe „Mark Brandis“
VON JAN SCHEPER
Der Kalte Krieg geht weiter: Zwischen Mond und Venus kämpfen im 22. Jahrhundert die westliche „Union“ und die östlichen „Republiken“ um die Vorherrschaft auf dem Planeten und außerhalb. So will es zumindest die von 1971 bis 1990 bei Herder erschienene „Mark-Brandis-Reihe“ des vor zehn Jahren gestorbenen Schriftstellers Nikolai von Michalewsky. Die 31 Science-Fiction-Romane rund um den kantigen Testpiloten Brandis – der für die unionsnahe Forschungsgesellschaft „Vega“ fliegt – hatten lange durchschlagenden Erfolg, gerade beim jüngeren Publikum.
Einer der Leser war damals Balthasar von Weymarn, der 2007 gemeinsam mit Jochim Redeker die Idee hatte, Michalewskys SF-Werk als Hörspiel zu adaptieren. Das Produzentenduo – von Weymarn arbeitet überwiegend als Drehbuchautor, Redeker ist Tonmeister bei der Antenne Niedersachsen – bringt es mittlerweile auf zwölf Folgen. Gerade ist die Doppelfolge „Die Vollstrecker“ erschienen. Diesmal muss sich der Titelheld mit Terroristen herumschlagen, die das fragile Gleichgewicht zwischen den beiden Machtblöcken ins Wanken bringen.
Gut gegen Böse also, dazwischen ein paar verrückte Anarchisten, und am Ende rettet der strahlende Held die Welt vor dem Abgrund – all das klänge doch sehr nach akustischem Blockbuster. Dankenswerterweise funktionieren die Romane Michalewskys so nicht und daran hält sich auch die Hörspieladaption. Denn die Hauptfigur Brandis ist ein Zweifler, der nach einem Gewissenskonflikt auch mal unpopuläre Entscheidungen trifft. Erzählt wird aus der Perspektive des grübelnden Raumschiffkommandanten. Die sonst bei Hörspielen so oft erklärend agierende Stimme aus dem Off fällt weg. Der Hörer ist stets mitten im Geschehen.
Den Schauspieler Michael Lott, der dem Berliner Astronauten seine Stimme leiht, reizte vor allem diese charakterliche „Grauzone“ an der Figur Mark Brandis. Das gesamte Ensemble der Hörspielreihe überzeugt. Mit Udo Schenk oder David Nathan waren zuletzt auch die Nebenrollen hochkarätig besetzt. Die vom Universal-Sublabel Folgenreich vertriebene Serie ist musikalisch und atmosphärisch sehr ausgewogenen produziert. Die spannenden Einzelfolgen funktionieren problemlos unabhängig voneinander, auch wenn sich ein durchgehender Erzählstrang durch die Reihe zieht.
Weymarn und Redeker sind mit den Planungen bereits bei Folge 18 angekommen. Perestroika ist also nicht Sicht. Im Berlin des 22. Jahrhunderts bleibt aber zumindest kulinarisch alles beim Alten: Als Mark Brandis dort das erste Mal den „Vollstreckern“ begegnet, isst er gerade eine Currywurst.
■ Mark Brandis: „Die Vollstrecker I und II“, Folgenreich (Universal) 2010, 7,99 Euro (pro Folge)