: Abklatsch mit Dialekt
FLACH Die neue Comicserie für Erwachsene, „Deutsches Fleisch“ (23.30 Uhr, ZDFneo), eifert US-Vorbildern nach. Doch der Humor ist pubertär, und die Charaktere sind peinlich
VON RALPH TROMMER
ZDFneo wagte als erster deutscher Sender ein Experiment und produzierte eine Cartoonserie für Erwachsene. „Deutsches Fleisch“ ging 2012 aus der Internetabstimmung des „TV-Labs“ als Sieger hervor. Nach einem Jahr Produktionszeit liegen nun acht animierte Folgen vor, die von heute an zu später Stunde auf ZDFneo ausgestrahlt werden.
„Deutsches Fleisch“ will die hiesige Mentalität politisch unkorrekt aufs Korn nehmen. In der Pilotfolge „Hartzlich willkommen!“ wirbt der Baron, ein österreichischer Milliardärssohn, im Jobcenter um Arbeitskräfte für seine Krasynthenfabrik, die Krawatten mit Synthesizern herstellen soll.
Unter den Bewerbern tummeln sich die ehemalige DDR-Porno-Actrice Gitti Kommsomachsmir, ihr Bruder Kowalsky, ein übergewichtiger Computernerd, der vegane Gutmensch Malte mit einem Dämon namens Wiebknecht im Nacken, sowie der frühere afrikanische Kindersoldat Issa. Doch bald stellt sich heraus, dass Barons Vater in der Fabrik eigentlich ein Gewehr namens „Volkszerstäuber“ produzieren will. Am Ende hat sich ein festes Ensemble gebildet, das sich fortan an Gittis neuem Hasenimbiss trifft, um aufgespießte Häschen zu knabbern.
Ausschnitte aus Gittis DDR-Pornos sollen zu Beginn für Lacher sorgen bei denjenigen, die gezeichnete Masturbationen lustig finden.
Der Deutsch stammelnde Bürgerkriegsflüchtling Issa entsteigt einem stinkenden Container und muss später im Jobcenter Sprüchen begegnen wie: „Wenn Sie Schwarzarbeit suchen, sind Sie hier falsch.“
Einfältig und klischeehaft
Issa ist das peinliche Klischeebild vom tumben Afrikaner – jedoch sind die anderen Hauptfiguren nicht weniger einfältig und klischeehaft. Zartbesaitete und Freunde des subtilen Humors werden schon nach wenigen Minuten abschalten.
Die Macher setzen auf sexistische Schenkelklopfer und chauvinistische bis barbarische Gags: Kowalsky verspeist seinen Hasen bei lebendigem Leibe. Der Versuch, die deutsche Mentalität einzufangen, wirkt wie der auf das Deutsche Reich anspielende Serientitel eher aufgesetzt, erschöpft sich in der Wahl der Schauplätze (Jobcenter, Imbissbude) und in den unterschiedlichen Dialekten und Sprechweisen der Figuren, was die zotigen Dialoge aber nicht besser macht.
Immerhin: Auf der Handlungsebene werden aktuelle gesellschaftliche Probleme aufgegriffen – Arbeitslosigkeit, Billiglohn, Flüchtlingsthematik – und durchaus treffend überspitzt. Die Vorbilder sind klar: US-Cartoonserien wie „Family Guy“ oder „South Park“.
Importierte Witze
Doch fehlt es hier an Eigenständigkeit, der Witz wirkt importiert, der Look wenig originell. Ob die Serie trotzdem einen Kultstatus erobern wird? Die nächsten Folgen handeln von Babyklappen, Eurokrise und Schlagerstars.
Hoffentlich bleibt dem deutschen Fernsehen, wie hier dem Sender ZDFneo, der Mut zu neuen Formaten erhalten. Vielleicht ist irgendwann doch ein goldenes Ei darunter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen