piwik no script img

Archiv-Artikel

Der leise Lernmeister im lauten Geschäft

NACHRUF Einer der bedeutendsten Journalistik-Lehrer der Republik war er. Aber er benahm sich nicht so

Wie kommt man in den Medien ganz nach oben? Hätte Walther von La Roche in einem seiner Bücher darüber geschrieben, hätte vermutlich auch von Ellbogen und Lautstärke die Rede sein müssen und vom Fädenspinnen. Aber so ein Kapitel existiert nicht, weil Walther von La Roche in diesen Dingen nicht gut war.

Trotzdem ist er zu einem der bekanntesten Namen des Berufsstandes geworden. Inmitten einer Welt von Medienpfauen hat er in seiner stillen Art Bescheidenheit und Respekt vor dem Publikum propagiert.

Wer Journalist werden will, stößt am Anfang fast immer auf eines seiner gelben Bücher. „Einführung in den praktischen Journalismus“ – so heißt das bekannteste. Man erfährt dort, was eine Nachricht ist und was eine Quelle und wie man recherchiert, aber – in der neuesten Auflage – auch, wie Videos in Websites eingebunden werden.

Walther von La Roche, geboren 1936 in München, ging zum Bayerischen Rundfunk, als der noch jung war. Er moderierte 1958 die erste Rocksendung im BR und übernahm später die Leitung des Jugendfunks.

Schon bald unterrichtete La Roche. Einmal fragte ihn ein Student, ob er denn ein Skript habe. Hatte er nicht, und es gab auch kein Buch, das geholfen hätte. Da hat er selbst eins geschrieben.

Wenn einer das erste Buch zu einer Sache verfasst, und dann wird es ein Bestseller, kommt er leicht in Versuchung, es für die Bibel zu halten. Eine Bibel darf nicht mehr verändert werden. Gerade das aber wollte La Roche.

Er wurde Nachrichtenchef des BR und dann Professor – aber man hatte in seinen Kursen und im Gespräch immer das Gefühl, dass er auf Augenhöhe mit den Jüngeren ging. Hatte er in der neuesten Auflage von „Radio-Journalismus“ etwas übersehen? Er hörte zu, legte den Kopf schief, wollte etwas erfahren.

Allein sein erstes Buch hat er 17-mal überarbeitet, der Lehrmeister war in Wirklichkeit ein Lernmeister. Seine Anleitungen waren systematisch und hatten zugleich etwas wohltuend Unblasiertes von Bastel- oder Kochbuch. Digitalradio, crossmediales Arbeiten, die Aufrüstung der PR-Seite – die Mediengesellschaft entwickelte sich, und La Roche hielt sich auf dem Laufenden. Aber er machte klar, dass der Journalismus sich nicht grundsätzlich neu erfinden muss. Verlässlichkeit, Glaubwürdigkeit, Skepsis, all das bleibt nötig. Vielleicht ist das seine wichtigste Lektion.

Es gab eine Sache, bei der konnte dieser freundliche, höfliche Herr deutlich werden: wenn das Publikum nicht respektiert wurde. „Der Hörer ist kein Depp“, sagte er dann. „Die Reportage ist dann gut, wenn er sich selber ein Bild machen kann.“

Am 9. Mai ist Walther von La Roche mit 74 Jahren gestorben. GEORG LÖWISCH