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Archiv-Artikel

Nie wieder einsam, nie wieder langweilig

Keynote Google-Boss Eric Schmidt breitet bei der IFA Visionen aus – und präsentiert das neue Google TV

Deutschland und Google, das ist eine etwas schwierige Beziehung. Der Internet-Konzern ärgert sich seit Monaten mit dem hiesigen Start des Geodatendienstes „Street View“ herum – dabei, betont Googles PR-Abteilung bei jeder Nachfrage gleich doppelt und dreifach, ist man den deutschen Nutzern doch so stark entgegengekommen wie nirgendwo sonst auf der Welt.

Da hilft wohl nur noch eine Charme-Großoffensive auf höchster Ebene. Google-CEO Eric Schmidt kam am Dienstag höchstpersönlich zur IFA nach Berlin, um bei Volk und Politik für gute Stimmung zu sorgen. In seiner Keynote zeigte er sich visionär – und legte Googles Zukunftsidee einer „Augmented Humanity“, einer Menschheit mit digitalen Zusatzfähigkeiten, dar.

Wenn es nach Schmidt geht, treten wir bald in ein neues Zeitalter ein, in dem „Computer uns das ermöglichen, was wir wirklich wollen“. Das Internet werden „die Ökonomie des Mangels“ durch eine „Ökonomie des Überall“ ersetzen. „Jede Firma, die darauf baut, Informationsflüsse zu kontrollieren, bekommt Schwierigkeiten“, so Schmidt mit einem wenig verschlüsselten Hinweis an die deutschen Printverlage, die gerade versuchen, mit einem umstrittenen „Leistungsschutzrecht“ ihre Pfründen auch online zu sichern.

Wenn Schmidt in einigen Jahren in ein Auto steigt, will er, dass es selbst fährt. „Das Auto kennt Sie ja schließlich. Es weiß, wo andere Autos sind und wo es hinfahren soll.“ Google will auch sonst unterwegs von einer Suchmaschine zu einer Art Entscheidungsmaschine werden: „In naher Zukunft können wir Ihnen Vorschläge machen, was sie als Nächstes tun sollten. Nie wieder werden Sie einsam oder gelangweilt sein.“ Dass das schlicht die Sammlung (und Ausbeutung) von noch mehr Daten durch Google bedeutet, packt Schmidt dagegen in Nebensätze.

All das läuft unter dem Stichwort „Personalisierung“, die Google schon jetzt bei seiner Suchmaschine vorantreibt – mit mittelprächtigem Erfolg. So lernt der Konzern, was ein Nutzer am liebsten anklickt, und präsentiert dies dann weiter vorne. Das soll auch auf Smartphones mit dem Google-Betriebssystem Android übertragen werden. „Wenn ich die Straße herunterlaufe, soll mein Smartphone dauernd das Netz durchsuchen und mich fragen, ob ich das schon kenne, oder das oder das.“ Eine „autonome Suche“ sei das, so Schmidt.

Eingestreut waren handfeste Produktdemonstrationen, darunter ein Pseudo-Live-Betrieb von „Google TV“, das eine Art Kombination aus Fernsehen und suchmaschinengestütztem Internet darstellt, finanziert durch Google-Anzeigen, die sich sicherlich auch mittels der erfassten Nutzerdaten gut verkaufen lassen. Unterstützt vom Google-Betriebssystem Android kann man auf dem „großen“ Fernseher mittels einer Eingabeleiste nicht nur das TV-Programm, sondern auch YouTube und andere Internet-Quellen abspielen und – sollte es keinen Kopierschutz geben – auch aufnehmen.

Die Technik soll auch direkt in Fernseher eingebaut werden – bekannt sind entsprechende Pläne von Sony, auch andere Hersteller auf der IFA meldeten Interesse an. Als Termin für den Europastart für Google TV wurde 2011 genannt. BEN SCHWAN