: Dahin zurück, wo sie hergekommen sind
ASYL Die Polizei schickt die Flüchtlinge vom Breitscheidplatz nach Sachsen-Anhalt: In Berlin hätten sie gegen die Residenzpflicht verstoßen. Linke, Grüne und die Kirche kritisieren den Einsatz
Rund zwei Jahre nach Beginn der massiven Flüchtlingsproteste in Berlin hat die Polizei am Dienstag ungewohnt hart durchgegriffen. Beamte nahmen alle Flüchtlinge der Mahnwache am Breitscheidplatz in Gewahrsam. Am Abend wusste die Polizei über die Herkunft von neun der elf Flüchtlinge vom Breitscheidplatz Bescheid, die sofort nach Sachsen-Anhalt gebracht wurden. Dort hätten sie gemäß der Residenzpflicht bleiben müssen, denn dort liefen ihre Asylverfahren, sagte Polizeisprecher Stefan Redlich der taz. Zwei Flüchtlinge verweigerten jegliche Angabe zu ihrer Identität. Diese werde derzeit noch geprüft. Die elf Afrikaner hatten Anfang Mai am Alexanderplatz mit einem Hungerstreik für ihr Bleiberecht und für Änderungen in der Asylpolitik protestiert. Am 11. Mai hatten sie ihren Hungerstreik ausgesetzt und in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche am Breitscheidplatz erfolglos um Asyl gebeten.
Empörung über Einsatz
Der Großeinsatz kam sowohl für die Flüchtlinge als auch für deren UnterstützerInnen überraschend. Die evangelische Landeskirche sei empört über das Vorgehen der Polizei, hieß es in einer Erklärung. Eine Woche lang hatte sie schon versucht, eine Unterkunft für die Flüchtlinge zu finden.
Im vor Kurzem nach rund eineinhalb Jahren aufgelösten Flüchtlingscamp auf dem Oranienplatz hatte die Polizei zu keiner Zeit Verstöße gegen die Residenzpflicht geprüft. „Unterträglich“ sei es, dass die Polizei die Flüchtlinge „unter dem Vorwand eines Verstoßes“ vom Platz abgeführt hat, sagte Hakan Taş, der flüchtlingspolitische Sprecher der Linken im Abgeordnetenhaus. Auch Canan Bayram, seine grüne Kollegin, sprach von einer „Räumung“ des Platzes. Sie forderte den Senat auf, das „Demonstrationsrecht nicht einzuschränken“.
Schon am Vortag kursierte in linken Kreisen das Gerücht, dass eine „Räumung“ der Mahnwache unmittelbar bevorstünde. Aus Unterstützerkreisen sei vor dem Einsatz telefonisch bei der Polizei nachgefragt worden, doch deren Einsatzwagen trafen vor der Antwort ein.
Etwa 80 UnterstützerInnen hatten am Nachmittag vor der Polizeiwache am Tempelhofer Damm für die sofortige Freilassung der Festgesetzten demonstriert. Hoffnungen habe er jedoch nicht, sagte ein Protestler.
MARKUS MAYR