: So viel Mies wie nur möglich
NEUE NATIONALGALERIE Entwurfsvorlage genehmigt – Kosten: 101 Millionen Euro
Das Dach, so sagen die Chipperfield-Architekten, sei ein Denkmal für sich: ein richtiges Brückenbauwerk, das das 21. Jahrhundert leicht überdauern wird. Ganz anders aber sieht es mit dem Betonbau aus: Infolge von Bewehrungskorrosion ist etwa der Beton abgeplatzt und die Stahlarmierung liegt frei. Die Neue Nationalgalerie in Berlin wird bis auf den Rohbau demontiert. Dann kann sie von den Schadstoffen ihrer Entstehungszeit wie Asbest saniert und der Beton erneuert werden – millimetergenau. Denn die dann instand gesetzten Natursteinplatten müssen wieder exakt aufgebracht und verfugt werden.
Behindertengerechtes Museum
Schaute man während der Pressekonferenz, zu der das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, die Stiftung Preußischer Kulturbesitzund Chipperfield-Architekten am Mittwoch anlässlich der Sanierung der Neuen Nationalgalerie geladen hatten, aus dem Fenster in den Skulpturengarten, sah man die ungeheure Menge an Material, um die es geht. Noch ist das Architekturbüro auf der Suche nach Lagerplätzen und -hallen für die abgenommenen Holzeinbauten, Natursteinplatten, Decken et cetera.
Die Mieten für die Lager sind unter den Baunebenkosten subsumiert. Sie machen 30 Prozent der stolzen, vom Finanzministerium genehmigten Sanierungskosten von etwas über 101 Millionen Euro aus. Darin sind freilich die Kosten des Wiedereinzugs noch nicht enthalten. Der größte Posten, 40 Prozent, fließt in die Hülle, 20 Prozent in die technische Erneuerung und Ertüchtigung. Unter dem Motto „So viel Mies wie nur möglich“ zu erhalten, sollten Funktionsmängel des Baus behoben werden. Konkret werden dazu Garderobe und Museumsshop in Räume verlagert, die bislang als Depot genutzt wurden. Das Museum wird mit einer neuen Rampe und einem neuen Personenaufzug behindertengerecht umstrukturiert. Der Aufzug steckt in einem schon vorhandenen Garderobenraum, sodass er keinen visuellen Eingriff in den Freiraum des Foyers darstellt. Ähnlich verfahren Chipperfield-Architeken auch bei der Kunstanlieferung, die in einen heute gleichermaßen überflüssigen wie überdimensionierten Traforaum verlagert und state of the art ausgestattet wird.
Unter dem Hauptaufgang werden neue Depoträume gebaut, eine kostspielige Sache, weil dieser Bauteil schon im Grundwasser liegt. Das trifft auch auf die Anlagen zur Wärmerückgewinnung zu, mit der die Klimaanlage im Keller neu ausgestattet wird. Es werden die Leitungen neu verlegt, das Dach gedämmt und neue, herstellungstechnisch allein in China auffindbare Fenster eingesetzt. Das Verbundsicherheitsglas wird mit drei neuen Dehnungsfugen montiert, um die derzeitigen Spannungsschäden zu vermeiden. Merken sollen die Besucher aber kaum etwas vom getriebenen Aufwand, wenn das Haus voraussichtlich 2020 wieder eröffnet. BRIGITTE WERNEBURG