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Archiv-Artikel

Unter höchster Spannung

MASTEN Die Energiewende braucht mehr Stromtrassen, hat der Bundestag gerade wieder beschlossen. Doch Bürgerinnen wehren sich gegen den Bau. Zu Recht?

Energiewende in Kilometern

■ Die Trasse: Die 210 Kilometer lange Thüringer Strombrücke soll von Sachsen-Anhalt nach Redwitz in Bayern verlaufen. Der erste Abschnitt ist in Betrieb, der zweite im Bau, der dritte in Planung. Die Trasse muss laut einem Gesetz von 2009 gebaut werden. Das geht auf eine EU-Vorgabe zurück, die vorsieht, erneuerbare Energien und Stromhandel auszubauen.

■ Das Netz: Das Gesetz von 2009 sieht 1.855 Kilometer neue Höchstspannungsleitungen in Deutschland vor. Insgesamt gibt es 35.700 Kilometer, 9.800 davon betreibt 50Hertz, den Rest drei andere Unternehmen. In dieser Woche verabschiedete der Bundestag ein Gesetz über 2.800 weitere Kilometer, vor allem zwischen Nord- und Süddeutschland. Der Bundesrat muss noch zustimmen. 1,78 Millionen Kilometer Leitungen verlaufen durch Deutschland.

■ Der Betreiber: 50Hertz machte 2011 6,9 Milliarden Euro Umsatz und gehört dem belgischen Konzern Elia sowie dem australischen Industry Funds Management.

AUS SCHALKAU, ATTERWASCH UND BERLIN INGO ARZT

Oliver Britz baut Stromleitungen. Das ist sein Job. Und Oliver Britz befindet sich heute Abend an vorderster Front der Energiewende. Das sagt man so bei seinem Arbeitgeber.

Die Front wird quer durch den Gemeindesaal Thüringer Hof laufen, gelegen in Schalkau, eine gute Autostunde von Erfurt entfernt. Titel der Veranstaltung: „50Hertz informiert zum aktuellen Planungsstand der Südwest-Kuppelleitung (3. Abschnitt)“.

Grüne Wände, Laminat, Stuhlreihen. Am Eingang hat der Pressesprecher von 50Hertz Körbe mit frischen Brezeln platziert.

Noch ist der Saal leer. Britz hat acht Mitarbeiter dabei, die noch mal durch ihre Vorträge klicken. An Stellwände hat er mannshohe Landkarten gehängt. Darauf ist die neue Leitung zu sehen. Eine schwarze Linie.

Britz steht davor und kann alles, wirklich alles haargenau erklären, was dort abgebildet ist.

Die Frage ist, ob er auch erklären kann, warum man diese schwarze Linie unbedingt braucht. Wofür.

Ob er das auch der Tierärztin Margit Heinz und ihrer Bürgerinitiative erklären kann, wenn sie später kommt.

Die Thüringer Strombrücke ist eine dieser Leitungen

50Hertz baut und betreibt Höchstspannungsleitungen. Deutschland braucht mehr davon, sonst scheitert die Energiewende. Das sagt man so bei der Bundesregierung.

Am Donnerstag hat der Bundestag ein Gesetz verabschiedet, worin steht, dass 36 Leitungen gebaut oder erweitert werden müssen. Netzbetreiber wie 50Hertz sind nun verpflichtet, damit sofort zu beginnen.

Oliver Britz ist Gesamtprojektleiter einer Trasse, die gerade schon entsteht. Man nennt sie die Thüringer Strombrücke. Ihre Höchstspannungsleitung soll Windstrom aus Brandenburg, aus Mecklenburg und von den Offshorewindparks, die in der Nordsee und Ostsee entstehen, nach Bayern transportieren.

Thüringen muss die Leitung, die sich durch seinen schönen Wald fressen wird, jetzt einfach mal aushalten. Zum Wohle aller. Das sagt man so bei 50Hertz und bei der Bundesregierung.

In Schalkau sieht man das anders.

Oliver Britz ist ein sachlicher Typ, der Sätze sagt wie: „Wir haben einen optimalen Trassenverlauf, der aus unserer Sicht den geringsten Eingriff auf die Wohnbebauung und die Naturinanspruchnahme bringt.“ Grauer Anzug, Brille, auf dem rundlicher Kopf lichte Haare. Man kann sich vorstellen, dass sich später Schweißperlen darauf bilden könnten, wenn die Schalkauer ihre Sicht zu den Eingriffen in ihre Wohnbebauung äußern.

„Ich versuche die Sache nicht persönlich zu nehmen“, sagt Britz möglichst gelassen.

Soziologisch gesprochen soll Oliver Britz den Schalkauern das Nimby-Syndrom austreiben. Das ist Englisch, steht für not in my backyard, frei übersetzt: nicht in meinem Vorgarten. Demnach finden die meisten Bürger die Energiewende grandios, solange niemand in ihrer Nähe eine Stromleitung, eine Windmühle oder andere weithin sichtbare Gerätschaften errichtet.

Wagt es doch jemand, werden sie sauer und bilden Bürgerinitiativen. Wie in Schalkau.

Die große Erzählung der Energiewende geht bisher so, dass diese Bürgerinitiativen damit das deutsche Jahrhundertprojekt gefährden.

Die kleinen Details, die auch an diesem Abend in Schalkau in Thüringen diskutiert werden, legen allerdings nahe, dass das nicht ganz so einfach ist.

Technisch gesehen geht es um die Frage, ob man wirklich Hunderte Kilometer neue Höchstspannungsleitungen braucht, um eine sichere Stromversorgung zu gewährleisten. Ökonomisch geht es darum, was günstiger ist: Windmühlen im Norden bauen und Leitungen in den Süden legen. Oder mehr Ersatzkraftwerke im Süden, die nur dann laufen, wenn die bestehenden Leitungen von Nord nach Süd ausgelastet sind.

Große Konzerne wie RWE, Vattenfall oder Eon wollen ihre teils neuen Kohlekraftwerke nicht ständig drosseln, weil zu viel Windstrom da ist und zu wenig Netz, um die ganze Energie zeitgleich zu verbrauchen. Speicher gibt es noch zu wenige.

Und es geht um viel mehr: Die EU plant den großen Konkurrenzkampf im Energiesektor. Strom soll auf dem ganzen Kontinent gehandelt werden. Deutschland hat zugestimmt. Deutschland muss neue Leitungen dafür bauen, weil es im Herzen Europas eine Art Stromtransitland ist.

Es gibt also einige Gründe für die Bundesregierung, etwas gegen das Nimby-Syndrom zu unternehmen. Die Argumentation: Die Energiewende ist alternativlos, deshalb sind die Leitungen alternativlos. Wer dagegen ist, ist gegen die Energiewende.

Margit Heinz ist gegen die Leitungen, nicht gegen die Energiewende. Sie ist Herrin einer Ritterburg und Vorsitzende der lokalen Bürgerinitiative. Vor Schalkau liegen die Ruinen der Schaumburg, mächtige, alte Bäume umsäumen Heinz’ kleines Anwesen aus Fachwerkhäusern. „Ich genieß es immer, wenn hier früh am Morgen die Sonne auf die Burg scheint“, sagt sie.

Heinz trägt Reiterstiefel und Jeans, schulterlanges schwarzes Haar, entschuldigt sich für ihr lokales Idiom und dafür, dass sie vor der Infoveranstaltung von 50Hertz mit Britz nachher noch mal auf Hausbesuch zu einer Katze muss. Sie ist Tierärztin. Nebenher betreibt sie ein kleines Restaurant in einem Gewölbekeller, mit Holzschnitzereien kämpfender Ritter an der Wand.

Margit Heinz kämpft seit 2006 gegen die Thüringer Strombrücke. Diese wird seit 2003 geplant, als Teil der europäischen Stromautobahnen. Im Süden gehen bald die Atomkraftwerke vom Netz. Etwa Grafenrheinfeld in Bayern 2015. Dann soll der Strom aus dem Norden, der durch die Thüringer Strombrücke fließt, die Versorgung sicherer machen.

Wenn man sich länger mit Margit Heinz unterhält, wenn man Ausbaupläne sichtet und 50Hertz besucht, fragt man sich irgendwann, ob Heinz und ihre Mitstreiter keine egoistischen Wutbürger sind, sondern etwas verstehen, was andere bisher eher übersehen haben. Dass immer wieder von Energiewende die Rede ist, obwohl es auch um Kohlestrom geht.

Der schwedische Staatskonzern Vattenfall betreibt in Brandenburg Braunkohlekraftwerke, allerdings braucht den Strom dort niemand. In Bayern schon.

„Dass man die Leitung für die Energiewende braucht, ist doch glatt gelogen“, sagt Heinz auf der Terrasse ihres Restaurants. Sie schaut auf einen bewaldeten Hügel. Dahinter lugt etwas hervor, was von hier wie eine Modelleisenbahnbrücke wirkt. Die ICE-Trasse. Eine ewige Geschichte, wie der Netzausbau: 1992 geplant, 2017 soll sie fertig sein.

Das sei noch so ein Monstrum, dass man ihnen vor die Tür gesetzt habe, ohne dass sie irgendwas davon hätten, sagt Heinz.

Sie würden gern etwas davon haben. Und sei es nur, dass Deutschland zum Land der erneuerbaren Energien wird. Aber damit scheint ihr diese Stromleitung wenig zu tun zu haben.

Der Geschäftsführer stellt die Tasse an den Abgrund

„Diese Anlage ist für den Transit und den Stromhandel notwendig und nicht für Ökostrom. Sie dient ausschließlich dem Wohl großer Konzerne“, sagt Heinz und fragt: „Dafür sollen Zehntausende Bäume gefällt werden, mitten in einer der schönsten Waldgegenden Deutschlands?“ Solche Fragen verstände die CDU-Bürgermeisterin in Schalkau. Das verständen die Grünen vor Ort. „Aber je weiter sie nach oben kommen, desto weniger interessiert das jemanden. In Berlin ist das allen egal, auch den Grünen.“

Ihr Handy klingelt. Der Dorfbäcker von Schalkau ist dran. Heinz sagt, er soll noch ein paar Leute zusammentrommeln, sonst bekämen sie von 50Hertz im Thüringer Hof auf die Mütze.

Der Ort, in dem der Strom für die Thüringer Brücke auch einmal entspringen könnte, heißt Atterwasch und liegt in Brandenburg. Dort will Vattenfall im nächsten Jahrzehnt Braunkohle für seine Kraftwerke abbauen.

Die Menschen in Atterwasch haben Angst, dass ihr Dorf weggebaggert wird. Es gibt wohl wenige Orte, in denen man mehr Sympathie für das Nimby-Syndrom entwickelt.

Ein Herbsttag, strahlend blauer Himmel, aus den Wäldern schleicht der Nebel. In der Atterwascher Klinkerkirche von Matthias Berndt tanzt Staub im Licht. Berndt, schwarzer Talar, Brille, Leninbart, predigt die Energiewende. LED-Technik, Kraft-Wärme-Kopplung, Wärmedämmung, Solarkraft. „Das alles ist technisch machbar“, sagt er ruhig, nicht anklagend. „Die Frage ist, ob es gewollt ist.“

Vattenfall versuche nett zu sein, sagt der Pfarrer nach dem Gottestdienst. Sie schätzen den Wert der Häuser, die wegsollen, machen großzügige Angebote.

Jetzt hofft Berndt auf die Moorkiefer. Moorkiefern darf man nicht fällen, auch nicht für die Braunkohle. Ein seltener Vogel in den Auen würde auch funktionieren, sagt Berndt.

Kein Land der Welt verfeuert so viel Braunkohle wie Deutschland. Vattenfall betreibt mit Jänschwalde, Boxberg und Schwarze Pumpe die größten Kraftwerke dieser Art. In Boxberg ist erst letztes Jahr eine neuer Block in Betrieb gegangen. Bald folgt das Kohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg. Alles im Netzgebiet von 50Hertz.

Braunkohle soll nach dem Willen der rot-roten Landesregierung in Brandenburg weit nach 2020 als „Brückentechnologie“ für die Energiewende dienen.

Kann es sein, dass Margit Heinz in Thüringen deshalb eine Stromleitung vor die Tür gesetzt bekommt?

Das Transmission Control Center von 50Hertz besteht hauptsächlich aus einem raumfüllenden schwarzen Bildschirm mit grünen und roten Linien, mit Kästen und Zahlen. Die Kästchen stehen für Kohlekraftwerke für große Windparks. Es ist das Höchstspannungsnetz der fünf neuen Bundesländer und Hamburgs, die Hauptschlagadern der Stromversorgung, die sich dann immer weiter verästelt bis in die Städte und Dörfer. Am Ende: eine Steckdose. 50Hertz betreibt nur die Höchstspannungsmasten.

Das Transmission Control Center ist „kritische Infrastruktur“, neueste Sicherheitstechnik, ein eingezäunter Aluminiumkasten. Wer eine Tür öffnen will, muss die Hand auf einen Plastikball drücken, der die Fingerabdrücke scannt.

Frank Golletz, der technische Geschäftsführer von 50Hertz, sitzt ein paar Kilometer entfernt in seinem Büro in Berlin, man sieht die Kugelspitze des Fernsehturms über den Dächern am Horizont. „Der Thüringer Wald ist schön, aber wenn wir nichts für den Klimaschutz machen, ist er irgendwann weg“, sagt er und schiebt seine Kaffeetasse recht nah an den Abgrund: Wenn jetzt einer gegen den Tisch stoße, falle sie runter. So sei das auch mit dem Netz. Wenn die Thüringer Leitung nicht rechtzeitig komme, werde ein Netzzusammenbruch wahrscheinlicher. „Mit dem Wort Blackout gehe ich sehr vorsichtig um. Aber, sagen wir mal, ich könnte mit der Leitung besser schlafen.“ Man sichert sich gegen Terroranschläge und gegen Bäume, die auf Leitungen fallen. Besser dreifach. „Systemverantwortung“ nennt Golletz das.

Und welcher Strom fließt nun? Braunkohle oder Wind? „Das hängt ganz vom Tag ab“, sagt er und zeigt Zahlen: 21,6 Gigawatt konventioneller Kraftwerke gibt es in seinem Gebiet, dazu kommen 21,2 Gigawatt aus Solaranlagen, Wind- und Biogaskraftwerken, fast ein Drittel der in Deutschland installierten Leistung. Wenn alle voll einspeisen, macht das 40 Atomkraftwerke. Wenn. Der Verbrauch liegt bei maximal 15 Gigawatt.

Das bedeutet: Es gibt viel zu viel Strom. Wenn nun die Leitungen die Energie nicht abtransportieren können, weil sie voll ausgelastet sind und ihn auch keiner verbraucht, dann werden erst die Kohlekraftwerke heruntergefahren. Auf maximal 50 Prozent ihrer Leistung, weniger geht nicht, das Netz braucht sie, um zu funktionieren.

Also werden danach die Windmühlen abgeschaltet. Nun wird es paradox: Manchmal schießt 50Hertz so viel Strom in den Süden, wie nur geht. Selbst über Polen und Tschechien. Trotzdem reicht es im Süden nicht. Also müssen dort Kraftwerke angeschaltet werden, während sie in Brandenburg Windmühlen vom Netz nehmen. Das kostet Geld. 50Hertz sagt: 10 Millionen im Jahr wegen der Windmühlen. 100 Millionen, weil woanders Kraftwerke angeschaltet werden. Das sind keine Kosten für 50Hertz, weil sie auf die Stromrechnung umgelegt werden.

Die Thüringer Strombrücke kostet 300 Millionen. Hat sich in drei Jahren amortisiert, so die Rechnung von 50Hertz.

Im Thüringer Hof in Schalkau hat der Bäcker genug Leute mobilisiert, der Raum ist proppenvoll. Die 50Hertz-Leute halten ihre Vorträge. Man habe jetzt den optimalen Trassenverlauf, sagt einer der Referenten. Man baue in der Nähe der ICE-Trasse, dort, wo die Landschaft sowieso zerschnitten sei.

Eine Folie heißt „Technologie Trassenplan Rechtserwerbsplan 3:38“. „Im Thüringer Wald ist die Windzone zwei unterstellt, da kann es zu Vereisungen kommen“, sagt einer der Referenten. Die Zuschauer, meist ältere Herren, haben die Arme verschränkt, beim Wort Vereisungen nicken einige verständnisvoll. Andere essen Brezeln.

Margit Heinz sitzt in der zweiten Reihe und wartet, bis die Vorträge vorbei sind. Dann legt sie los: Warum gibt es keine Alternativen? Warum verwenden sie keine neuen Techniken, Hochtemperaturseile, die Kanzlerin hat doch kürzlich eins eingeweiht. Was ist mit Temperaturmonitoring? „Reden Sie doch mal mit Professor Jarass“, ruft Heinz. Die bei 50Hertz verdrehen die Augen. Jarass kennen sie schon.

Lorenz Jarass, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Uni RheinMain, hat Mitte April eine anstrengende, mehrstündige Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestages hinter sich. Es ging um das Gesetz zum Netzausbau. Jetzt sitzt er an der frischen Luft und trinkt einen Frühlingskaffee. Er ist Anfang 60, trägt eine Sonnenbrille zur Baseballcap und nennt seinen Akzent selbst Unterbayerisch. „Ich hab’ den Luxus, dass ich das Maul aufreißen kann“, sagt er. Weil er alle Seiten berate, Netzbetreiber, Regierungen, Bürgerinitiativen.

Er hat ein Buch geschrieben: „Welchen Netzumbau erfordert die Energiewende?“ Sehr technisch, eine Pflichtlektüre für jede Bürgerinitiative. „Der jetzige Netzumbau behindert die Energiewende“, sagt er. Seine Grundthese: Die Thüringer Strombrücke sei ganz wesentlich kohlebedingt. Bei den gegenwärtigen Plänen zum Netzausbau würden schlichtweg die Eingangsbedingungen nicht stimmen, mit denen gerechnet wird. Niemand habe kalkuliert, ob es gesamtwirtschaftlich betrachtet billiger ist, Ersatzkraftwerke im Süden zu bauen statt Leitungen quer durch das Land.

Und die technischen Innovationen: Temperaturmonitoring etwa. Momentan werden Leitungen so betrieben, als sei es jeden Tag 35 Grad warm und windstill. Dann werden die Trassen besonders heiß und können weniger Strom transportieren. Danach wird berechnet, wie viel ihre maximale Auslastung betragen darf.

Allerdings: Würde man ihre Temperatur aktiv überwachen, könnte man fast immer wesentlich mehr Strom durchleiten. Gerade im Winter, wenn es so viel Windstrom gibt, das die Windmühlen deswegen vom Netz müssen. „Die Systeme werden auch von deutschen Netzbetreibern seit Jahren erfolgreich eingesetzt“, sagt er.

Kürzlich stellte er die Frage, ob man nicht wesentlich weniger Leitungen braucht, wenn man einfach an einigen wenigen Stunden im Jahr die Windmühlen im Norden abschaltet, wenn es besonders viel Strom gibt, statt die Netze für diese Extreme auszulegen und auch noch die letzte Kilowattstunde Strom abtransportieren zu wollen.

„Eine europäische Leitung“, sagt der Sprecher

Das Argument ist so logisch, dass Übertragungsnetzbetreiber wie 50Hertz ihre Netzpläne gerade neu rechnen müssen. Das Ergebnis soll am 1. Juli kommen. Das Gesetz, welche Trassen gebaut werden müssen, geht wohl im Juni durch den Bundesrat.

In Schalkau zeigt 50Hertz eine Computersimulation: ein Rundflug durch den Thüringer Wald – mit der neuen Leitung. Am Ende bleibt das Bild am Ortsausgang von Schalkau stehen, im Hintergrund die Masten der Thüringern Strombrücke auf einem Pixelhügel, ein virtueller Baum wiegt sich im Wind.

Der Pressesprecher nimmt das Mikro. „Noch mal zur Notwendigkeit“, sagt er. „Diese Leitung ist eine europäische. Sie ist auch eine wichtige nationale Kuppelleitung, weil historisch bedingt der Osten und der Westen nicht gut verbunden sind.“ Sie werde die vierte Ost-West-Verbindung. „Wenn sie kommt. Aber da kann man ja sicher sein.“

„Was soll dann die Veranstaltung, wenn sie das schon wissen?“, ruft einer dazwischen.

Man wolle eben informieren, sagt der Sprecher.

Ingo Arzt, 34, ist taz-Redakteur für Energie, Wirtschaft und Umwelt