: Recycling Guido Knopp
DOKU Die 10-teilige Arte-Reihe „Geliebte Feinde“ (2.–13. 12., montags–freitags, 19.30 Uhr) erzählt die deutsch-französische Geschichte so, dass keiner heulen muss – also lustig
VON JENS MÜLLER
Guido Knopp ist ein Zombie. Als Leiter des unter ihm in jeder Hinsicht legendären ZDF-Programmbereichs Zeitgeschichte ist er zwar schon bald ein Jahr in Rente, aber die Bilder, die er zu verantworten hat, geistern immer noch über die Flatscreens.
Es war auch nicht anzunehmen, dass nach dem Ende seiner Laufbahn Schluss sein würde mit Histotainment und Reenactment – mit fürs TV nachgespielten Biografien also. Aber die Bilder, die in den kommenden zwei Wochen auf Arte zu sehen sein werden, kommen einem mitunter doch sehr bekannt vor. Also genau die Bilder, nicht nur ihre Machart. Und irgendwann kommt man dann drauf: Diesen pathetisch das Schwert schwingenden Widukind, diesen weihevoll tiefernst dreinblickenden Martin Luther – genau die hat man vor einigen Jahren schon einmal in Knopps Opus Magnum „Die Deutschen“ gesehen. Der Recycling-Gedanke ist jetzt also auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen angekommen.
Wenn es nun bei Arte um „Geliebte Feinde – Die Deutschen und die Franzosen“ geht, dann hatte man die deutsche Hälfte quasi schon im Kasten (und den Rest sicher auch in einem anderen Kasten). „Die Deutschen“ wollte 2008 und 2010 die deutsche Geschichte erstmals im Fernsehen komplett erzählen, von Anfang an. Soll also jetzt genau das die neue Reihe für Deutsche und Franzosen leisten? Oder, wie es im französischen Titel umgekehrt heißt, für „Les Français et les Allemands“?
Die Idee – war naheliegend: für den deutsch-französischen Prestigekanal, in dem Jahr, in dem also jener epochale Élysée-Vertrag seinen Fünfzigsten beging. Die Ausführung – nun ja: Das Reenactment à la Knopp hatte einen hohen Fremdschämfaktor. Dieses krasse Overacting in Kostümen und Kulissen, denen immer sofort anzusehen war, dass auch ein Guido Knopp für seine Vorzeigeprojekte nicht über ein „Gladiator“-Budget verfügt. Konnte man alles nicht ernst nehmen. Und wie verfährt nun Arte damit? Nimmt das alles nicht ernst.
Der Ton ist ein flapsiger: Die Hugenotten haben in Brandenburg für „blühende Landschaften“ gesorgt („So sah damals französischer Aufbau Ost aus.“). Der erste Kreuzzug war eine gemeinsame Reise nach Jerusalem (Bilder von Kindern auf Stühlen), um sich genauer kennenzulernen, gebucht über die Kirche. Das Gemetzel des Arminius an Varus’ Legionen war seinem „Heimvorteil“ zu verdanken: „Und die Römer durften nach Hause gehen. Und mussten knappe 2.000 Jahre warten, bis sie hier wieder ihre erste Pizzeria aufmachen durften. Is wahr!“
Baguette vs. Graubrot
Letzteres sagt Annette „Danni Lowinski“ Frier, die immer wieder – Deutschland-Wimpel und Brandenburger Törchen vor sich auf dem Tisch – als Germania gegen eine französische Marianne (Antonia de Rendinger) frotzeln darf. Etwa wenn es um Karl den Großen – oder doch Charlemagne? – geht oder um Baguette contra Graubrot. Wenn man die gemeinsame Geschichte vorzugsweise als große Sause betrachten will, findet man natürlich genügend Anlässe für assoziative Schwenks in die Gegenwart und zurück. Haben etwa deutsche Drucker in Lyon „im April 1539 den wahrscheinlich ersten Arbeitskampf der Geschichte“ angeführt und damit „den Franzosen das Streiken beigebracht“? Wo doch heute, bezogen auf 1.000 Arbeitnehmer, gegenüber 70 Streiktagen in Frankreich drei solche Tage auf deutscher Seite nicht ins Gewicht fallen.
Am Ende (1.) gerät das alles sehr wohlfeil und oberflächlich, sitzt in den Filmen beileibe nicht jeder Kalauer. (2.) Ist das nicht weiter schlimm, weil die ironische Haltung grundsätzlich ja sympathisch ist. (3.) Ist eine Alternative, Guido Knopps hanebüchene Bildersammlung seriös zu recyclen, gar nicht denkbar.