: Was dem Appell zum „Aufstand der Anständigen“ folgte
Das NPD-Verbotsverfahren: Zwei Tage nachdem Schröder den „Aufstand der Anständigen“ ausgerufen hatte, verkündete der damalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD): Die Weichen für ein NPD-Verbotsverfahren seien gestellt. Der Anschlag auf die Düsseldorfer Synagoge hatte die rot-grüne Bundesregierung bewogen, die seit Monaten laufende politische Debatte um das NPD-Verbot abzubrechen und Fakten zu schaffen. Es ging darum, Tatkraft zu beweisen – auch wenn die NPD, wie sich wenig später herausstellte, mit dem Anschlag auf die Synagoge nichts zu tun hatte. Auch die CDU, die CSU und die Grünen unterstützten den Vorstoß. Am 31. Januar 2001 reichte die Bundesregierung ihren Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein. Das Projekt wurde ein politisches Debakel: Das Gericht stellte das Verfahren im März 2003 ein, weil sich herausgestellt hatte, dass ein Teil der gelieferten Beweise für das Verbot von V-Leuten des Verfassungsschutzes stammte.
■ Programme gegen rechts: Im Februar 2001 stellte die rot-grüne Regierung außerdem ein neues, millionenschweres Bundesprogramm gegen Rechtsextremismus vor. Titel: „Jugend für Toleranz und Demokratie“. Es war zunächst als „Aktionsprogramm“ konzipiert und bis 2007 befristet, ist jedoch inzwischen zur Dauerinitiative geworden. Es hat maßgeblich dazu beigetragen, dass heute in Deutschland ein flächendeckendes Netz von Beratungs- und Projektstellen mit hauptamtlichem Personal existiert. Zuletzt flossen jährlich 24 Millionen Euro in die zwei Bundesprogramme „Vielfalt tut gut“ und „Kompetent für Demokratie“, außerdem weitere Millionen in verschiedene Landesprogramme gegen rechts. Hinzu kommen – zum Teil aus dem Europäischen Sozialfonds – zwischen 2007 und 2013 rund 250 Millionen Euro für das Bundesprogramm Xenos, das unter anderem Demokratiebewusstsein, Weltoffenheit, zivilgesellschaftliches Engagement und Toleranz stärken soll.
■ Neue Ausrichtung: Seit 2009 arbeitet die schwarz-gelbe Koalition daran, die Bundesprogramme neu auszurichten. Familienministerin Kristina Schröder (CDU) will nicht nur den Rechtsextremismus bekämpfen, sondern alle Formen des Extremismus. Dazu wurden im Sommer zusätzlich Programme gegen Linksextremismus und Islamismus gestartet. 5 Millionen Euro sind dafür im Jahr 2011 vorgesehen. Von 2011 an sollen die Bundesprogramme „Vielfalt tut gut“ und „Kompetent für Demokratie“ unter neuem Namen zusammgefasst werden: „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“. Innenminister Thomas de Maizière (CDU), zugleich Ostbeauftragter der Regierung, legte unlängst obendrein das Programm „Zusammenhalt für Teilhabe“ auf. Bis 2013 werden 18 Millionen Euro für die Bekämpfung des Extremismus in den neuen Ländern bereitgestellt. Begründet wurde das Programm unter anderem mit den Erfolgen der NPD in Teilen Ostdeutschlands. Es gebe Gegenden, „wo der Rechtsextremismus in die Mittelschicht hineinkriecht“, so de Maizière. Anders als von seinem Vorgänger Wolfgang Tiefensee (SPD) vorgesehen, will aber der neue Ostbeauftragte mit diesem Geld nicht nur den Neonazismus bekämpfen. Die Förderrichtlinien sehen vor, dass die Projekte „extremistischen Einflüssen in jeder Erscheinungsform den Nährboden entziehen“ sollen. Sprich: auch Islamismus und Linksextremismus im Osten. Kritiker monieren, dass die Bundesregierung mit ihrer Umstrukturierung der Programme Rechtsextremismus und Linksextremismus gleichsetze – und letztlich die Gefahr von rechts verharmlose. (agx, wos)