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Archiv-Artikel

Kommt jetzt Günther Jauch?

KÖHLER-RÜCKTRITT Das große Casting ist eröffnet. In 30 Tagen muss unser Star für Schloss Bellevue stehen. Doch leider ist Heinrich Lübke schon tot – und Lena einfach noch zu jung

„Horst Lübke“ hatte der „Spiegel“ hämisch getitelt. Und damit bitteres Unrecht getan: Lübke war wenigstens lustig

VON STEFFEN GRIMBERG

So hatte sich Petra Diroll ihren ersten Arbeitstag am heutigen Dienstag eher nicht vorgestellt: Da kommt die ARD-Journalistin als neue Sprecherin ins Bundespräsidialamt – und der Chef ist schon weg.

Dass die ARD, Dirolls Exbrötchengeberin, gestern zunächst nicht sofort wegen Köhler das Programm unterbrach, sondern ihren „Rote Rosen“-Schmonzes munter weitersendete, entspringt hingegen einem perfiden Plan: Nicht die Schlussakte von Helsinki oder das Grundgesetz, nein, der Schlussakkord von Oslo soll nun bemüht werden, um noch ein Sommermärchen zu vollbringen: Das Casting ist eröffnet. Und wenn sich ARD-Unterhaltungschef Thomas Schreiber und ein gewisser Stefan Raab der Chose annehmen, ist der höchste Job im Lande ganz schnell wieder stimmgewaltig besetzt. Sogar unter Anteilnahme junger Menschen, die dann plötzlich nicht nur in der zu Schlipsträgern passenden ARD, sondern auch auf ProSieben mit dem höchsten Amt im Staate konfrontiert werden. Bis zu den Halbfinals laufen die Regionalausscheide im Privatfernsehen, dann übernimmt das Erste. Und wenn alle auf die Tube drücken, dürften wir locker innerhalb der vom Grundgesetz vorgegebenen 30 Tage einen neuen Bundeshorst haben.

Doch musste der alte eigentlich wirklich zurücktreten? Wegen „missverständlicher Äußerungen“, die in den Medien dann auch noch fies weitergedreht worden sind? „Horst Lübke“ hatte der Spiegel getitelt. Und damit bitteres Unrecht getan: Lübke war wenigstens lustig. Was sind denn bitteschön verschwurbelte Überlegungen zum Schutz der Wirtschaftswege mit den erfrischenden, politisch schon damals völlig unkorrekten Sentenzen des Sauerländers, vom (wahrscheinlich so nie gesagten) „Meine Damen und Herren, liebe Neger!“ bis zur legendären Erklärung des Zeitunterschieds zwischen Deutschland-West und Kanada, an dem „die Umdrehung der Ärrde, die ist da Schuld dafür“ war. „Die Leute müssen ja auch mal lernen, dass sie sauber werden“ aus Lübkes Mund hingegen ist verbürgt – und selbst so was hat Horst Köhler nicht mal ansatzweise hinbekommen.

„Irgendwie beleidigt“ habe der Bundespräsident bei seiner Rücktrittserklärung gewirkt, hieß es gestern auf n-tv. Und der Grund liegt auf der Hand: Köhler, der fast schon wieder auf dem „Horst wer?“-Niveau angekommen war, ist neidisch auf – Lena. Die kann aber nicht Bundespräsidentin werden, weil sie noch nicht 40 ist. Deswegen scheidet ja auch Michael Ballack aus. Aber – da muss die ARD jetzt ganz tapfer sein – für Günther Jauch ist der Weg nun endlich frei.