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Archiv-Artikel

Bleibt doch alles in der Familie

ÜBER KREUZ Heute zeigt Sat.1 den Film „Herztöne“ (20.15 Uhr). Ein Beispiel für die klebrige Zusammenarbeit verschiedener Medien zum eigenen Vorteil: Cross-Promotion, perfektioniert vom Springer-Verlag

Die Sender müssten Product-Placement kennzeichnen. Aber den Nachweis darüber führen sie selbst

VON JAN FREITAG

Nein, ein guter Film ist „Herztöne“ nicht. Liebeskomödien wie die um eine erfolglose Nachwuchsjournalistin namens Lissie, der eine heiße Nacht mit dem Lover von Dänemarks Thronfolgerin die Chance auf eine Exklusivstory verhilft, solche Fernsehstoffe gibt es in großer Zahl. Nur, dass nicht allzu viele davon eine PR erwartet wie diese.

Was der ausstrahlende Sender „royale SAT.1-Romanze“ nennt, ist in Wahrheit mehr. Ein Paradebeispiel dafür, wie Produzenten querverwertbarer Medienware heutzutage kooperieren. Denn ohne der heutigen Bild vorzugreifen: „Herztöne“ dürfte darin güteunabhängig lobende Erwähnung finden, Tipp des Tages nicht ausgeschlossen, vielleicht mit erweiterter Rezension im Innern plus Fotostrecke. Schließlich hat die Vorlage niemand Geringeres als Katja Kessler geschrieben: einst Kolumnistin der Bild, noch immer Frau von deren Chef Diekmann, dazu Autorin gern gelobter Bücher im Springer-Kosmos.

Das Modell dahinter heißt Cross-Promotion. Sie wirkt zwischen Fernsehen und Printmedien, alten und neuen Medien ebenso wie zwischen Parteien und Pressehäusern oder Autoren und Kritikern. Es fördert hier die Einschaltquoten und da die Absatzzahlen, mal die Wahlaussichten, mal die Interviewzusagen und grundsätzlich allseits Bekanntheit. Kreuz-PR ist ein Strukturprinzip vernetzter Medien, und wer es nicht nutzt, ist definitiv kein Mitglied der Bild-Familie.

Axel Springers Blatt Nummer 1 hat das Zusammenwirken zum gegenseitigen Vorteil zur Perfektion getrieben. Katja Kessler schreibt Dieter Bohlens Memoiren? Exklusivinterviews, Auszüge plus Anzeigenoffensiven gibt’s täglich ab Seite 1! Bohlen startet eine neue Show? Bild-Reporter blicken hinter die Kulissen! Das Ex-Kohl-Organ jubelt einen Sozi zum Kanzler? Schröder regiert mit „Bild, BamS und Glotze“! Niedersächsische Lokalfürsten wollen Bundespolitiker werden und Freiherren Volkstribunen? Springers „Rote Gruppe“ kriegt dafür Homestorys.

Doch das Prinzip kennen auch andere. Die Focus TV Produktions GmbH des Nachrichtenmagazins Focus etwa lanciert von den „PS Profis“ auf Sport 1 bis „Focus TV spezial“ (Pro7/Sat1) gleich sieben Fernsehformate. Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo bewirbt seinen Gesprächsband mit dem geschassten zu Guttenberg episch im eigenen Blatt. Der ESC genannte Grand Prix verbrüdert gänzlich gegensätzliche Kanäle wie Pro7 und ARD. Die ARD hatte zuvor ein Promihuldigungsmagazin namens „Bunte TV“ ausgestrahlt, und der Burda Verlag, verantwortlich unter anderem für Bunte, feiert seinen Fernsehpreis „Bambi“ wiederum in der ARD ab.

Das war Ende November. Doch nirgendwo war ein eingeblendetes „P“ zu sehen, als das Erste live vom Bambi berichtete. Und auch im ZDF leuchtete Anfang 2013 kein Kürzel auf dem Bildschirm, welches die Übertragung der Goldenen Kamera als das gekennzeichnet hätte, was es war: Werbung für Springers TV-Fernsehzeitschrift Hörzu. Dazu ständiges Einblenden des Titels und ein Moderator (Hape Kerkeling), der zugleich Werbeträger und Dauerthema des Magazins ist, wiederholte Danksagungen an Verlegerin Friede Springer in Reihe 1 inklusive. Seit Inkrafttreten des 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrags vor knapp drei Jahren müssen Sender zwar Product-Placement mit einem „P“ kurz ankündigen, sofern Produkte für einen Gegenwert – bei Öffentlich-Rechtlichen kostenlose Requisiten, bei Privaten auch bares Geld – platziert werden. Aber den Nachweis führen die Sender selbst. Katja Kesslers Romanze bräuchte kein „P“, denn darin wird nicht für Bild geworben. Dafür liegt sie dann im Sat.1-Morgenmagazin auf dem Tisch.