: Der Kommissar und das Kind
KRIMI Am Sonntag brilliert Matthias Brandt im Polizeiruf 110 „Kinderparadies“ – Regisseur Leander Haußmann lässt ihn in einer Münchener Edelkita ermitteln (20.15 Uhr, ARD)
VON LEA STREISAND
Matthias Brandt brilliert im „Polizeiruf“, das darf man eigentlich nicht mehr schreiben. War ja eh klar. Viermal stand der Schauspieler als Kommissar Hanns von Meuffels vor der Kamera. Viermal ist Brandt für den diesjährigen Fernsehpreis nominiert. Unter anderem für den letzten BR-„Polizeiruf“, „Der Tod macht Engel aus uns allen“.
Am Sonntag läuft nun der fünfte BR-„Polizeiruf 110“, „Kinderparadies“, unter der Regie von Leander Haußmann. Kommissar von Meuffels ermittelt in einer Edelkita in München. Sojamilch, Frühchinesisch und Kinderorchester inklusive. Ella Werken (Lisa Wagner), die Mutter der kleinen Lara, wird brutal ermordet aufgefunden, während beim Elternabend in der Kita zwei Dutzend Erwachsene versuchen, die schwelenden Konflikte zwischen den Kindern als auch innerhalb der Elternschaft wegzusingen.
Eine Tragikomödie, logisch. Das kann der Regisseur von „Sonnenallee“ und „Herr Lehmann“ nun mal am besten. Haußmann läuft immer dann zu Hochform auf, wenn er ein Feld beackert, das eigentlich abgegrast scheint. Eltern-Bashing und Latte-maccchiato-Mütter sind mittlerweile fast so langweilig wie Brandt-Hymnen, denkt man. Aber Haußmann schafft es, die Erzählung auf der Kippe zu halten, indem er mit den Klischees spielt, seine Randfiguren zu schrägen Typen macht und die ganze Tiefe der Erzählung auf die Beziehung zwischen zwei Hauptfiguren beschränkt. In „Kinderparadies“ ist es die aufkeimende Beziehung zwischen von Meuffels und der Halbwaisen Lara (Doris Marianne Müller), einem dreijährigen Kind mit dunkelbraunen Knopfaugen, das nicht viel mehr sagt als „Ja, ja.“ und „Nee, nee.“ Weil zwischenzeitlich alle Betreuungspersonen von Lara entweder tot, verhaftet oder im Krankenhaus sind, muss sich der Kommissar um die Kleine kümmern. Wie spielt man mit einem Kleinkind Theater? Wenn es nicht mal sprechen kann, dann kann man ihm ja schlecht sagen: Jetzt guck mal traurig.
„Ich interessiere mich immer sehr für die Menschen, mit denen ich spiele, ob die jetzt drei sind oder 70“, sagt Brandt. „Wenn man Spielen als Form von Kommunikation begreift, dann macht das gar keinen Unterschied. Man kommuniziert mit einem dreijährigen Menschen nicht weniger, nur anders.“
Hauptdarsteller Brandt kommt wie Regisseur Haußmann vom Theater. Für Brandt liegt der Unterschied zwischen Theater- und Fernsehspiel in der Distanz zum Zuschauer. „Die Kamera ist ein Zauberapparat“, sagt er, „sie ist so nah dran, dass, wenn der Schauspieler Dinge präzise denkt, die Gedanken sichtbar werden, ohne dass man sich bewegt. Im Theater muss man für den Gedanken eine Übersetzung finden, damit er sichtbar wird.“
Die Meisterschaft des Brandt liegt in seiner Zurückgenommenheit, was ihn zu einem großartigen Fernsehschauspieler macht. Das kann man gar nicht oft genug schreiben.