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Archiv-Artikel

280 weiße Lkws aus Moskau sorgen für Spekulationen

HILFE Medizin oder Militär an Bord? Ukraine will Lkw nicht ins Land lassen. Rotes Kreuz unbeteiligt

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

Ein Konvoi aus 280 Lastwagen, der am Dienstagmorgen vom Militärstützpunkt Alabino südwestlich von Moskau in Richtung Ukraine aufbrach, sorgt für Spekulationen und Befürchtungen. Nach Angaben der Regierung Putin enthalten die Lkws rund 2.000 Tonnen Hilfsgüter, die von den EinwohnerInnen Moskaus für die notleidende Bevölkerung in der Ostukraine gesammelt wurden. Die ukrainische Regierung sowie Frankreichs Außenminister Laurent Fabius und andere westliche Politiker äußerten hingegen die Befürchtung, der „humanitäre Konvoi“ sei nur ein Vorwand Moskaus zur Unterstützung der russischstämmigen Rebellen in der Ostukraine, und in den Lastwagen könnten sich möglicherweise Waffen oder Soldaten befinden.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), das in einer am Montag erzielten Vereinbarung mit den Regierungen in Moskau und Kiew seine grundsätzliche Bereitschaft zur Koordinierung aller humanitären Hilfsmaßnahmen für die notleidende Bevölkerung erklärt hatte, zeigte sich von den Meldungen über den russischen Hilfskonvoi „überrascht“. Es dementierte die von russischen Medien behauptete Beteiligung des IKRK an diesem Konvoi. „Die russische Regierung hat uns bislang nicht die in der Vereinbarung vorgesehenen Angaben über die Art und den Umfang der Hilfslieferungen übermittelt“, erklärte eine Sprecherin der IKRK-Zentrale in Genf am Dienstag. Zudem fehlten die Sicherheitsgarantien der Konfliktparteien in der Ostukraine, die notwendig seien, um eine Verteilung zu ermöglichen.

Das Internationale Rote Kreuz unterhält bereits seit Anfang des Jahres eine Delegation in der Ukraine. Sie verteilte bislang Medikamente, Nahrungsmittel und Hygieneartikel an die notleidende Bevölkerung der Donbass-Region. „Voraussetzung, um an dieser neuen Mission mitzuwirken, bei der die Lieferungen von Russland kommen, ist, dass die Hilfsgüter an uns übergeben werden, damit wir sie prüfen können“, erklärte der Sprecher der IKRK-Delegation in Kiew der taz. Die Übergabe der Hilfsgüter an das IKRK müsse „an einem offiziellen Punkt an der ukrainischen Grenze stattfinden“. Mit dieser Formulierung schloss der IKRK-Sprecher die Übernahme an einem von den Rebellen kontrollierten Grenzübergang aus. Zudem machte das Rote Kreuz in der mit Moskau und Kiew erzielten Vereinbarung zur Bedingung seiner Mitwirkung, dass ausschließlich ihre Delegierten die Hilfsgüter verteilen. Auch schloss das IKRK jeglichen militärischen Begleitschutz für die Hilfslieferungen aus. Vorgesehen ist lediglich eine Begleitung durch unbewaffnete Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE).

Der russische Konvoi besteht nach Beobachtung internationaler Journalisten aus 280 weißen, zum Teil mit einem Roten Kreuz markierten Lkws ohne Kennzeichen. Das ukrainische Präsidialamt erklärte am Dienstag, dass die Hilfsgüter selbst nach einer IKRK-Inspektion die Grenze nicht in den russischen Lkws passieren dürften. „Wir erachten die Fahrt russischer Konvois über ukrainisches Territorium als unmöglich“, erklärte ein Vertreter des Präsidialamts in Kiew.

Zudem werde die ukrainische Regierung nicht akzeptieren, dass russische Soldaten oder Mitarbeiter des russischen Ministeriums für Katastrophenhilfe die Auslieferung begleiten. Das IKRK sucht bereits nach Speditionsunternehmen, in deren Lastwagen die Hilfsgüter an der Grenze umgeladen werden könnten. Die Ankunft des Konvois an der ukrainischen Grenze wird für frühestens Mittwoch erwartet.