: Kontencheck für Athen
OPPOSITION SPD-Chef Sigmar Gabriel und DGB-Chef Michael Sommer fordern jetzt, die Auslandskonten griechischer Steuerflüchtlinge einzufrieren. Die Idee stammt ursprünglich von der Linkspartei
BERLIN taz | Wie kann man die Steuereinnahmen des griechischen Staats erhöhen? Katja Kipping, Vorsitzende der Linkspartei, schlägt vor, dass Auslandsvermögen von griechischen Bürgern über 1 Million Euro geprüft werden. Der taz sagte Kipping: „Alle griechischen Auslandsvermögen über eine Million Euro werden eingefroren und mit der Steuersünderliste des griechischen Finanzministeriums abgeglichen. Wo es Treffer gibt, wird das Geld zugunsten des griechischen Staats eingezogen.“
SPD-Chef Sigmar Gabriel und DGB-Chef Michael Sommer haben am Freitag im Deutschlandfunk und in der Bild-Zeitung jetzt Ähnliches gefordert. Das Copyright auf die Idee beansprucht allerdings die Linkspartei. Kipping dazu: „Ich bin froh, dass unser Vorschlag, reiche griechische Steuerflüchtlinge zur Kasse zu bitten, nun so breite Unterstützung hat.“ Die SPD solle nun auf ihren „konkreten Umsetzungsvorschlag“ reagieren. „Wir sollten uns schnell zusammensetzen und eine gemeinsame Initiative im Bundestag einbringen. Wo zu einer guten Idee ein guter Wille kommt, gibt es die Chance für eine Mehrheit“, so Kipping.
Laut Schätzungen der NGO Global Financial Integrity sind von 2003 bis 2011 mehr als 200 Milliarden Euro illegal aus Griechenland ins Ausland geflossen. Die Kapitalflucht Richtung Norden hat sich im Jahr 2012 noch beschleunigt. Allein im Mai 2012 transferierten griechische Staatsbürger 5 Milliarden Euro ins Ausland. Der griechische Staat versucht seit Kurzem diesen Strom einzudämmen. Im Oktober kündigte die Regierung in Athen jedenfalls an, Überweisungen von 22 Milliarden Euro ins Ausland auf Steuerflucht zu überprüfen. Die griechische Steuerfahndung prüft derzeit Konten von 3.000 Bürgern, die zwischen 2009 und 2011 mindestens 1 Million Euro ins Ausland überwiesen.
Rechtlich, so die Einschätzung der Linkspartei, wäre es in Deutschland möglich, Konten von Nichtdeutschen ohne Gerichtsbeschluss einzufrieren – laut Paragraf 7 des Außenwirtschaftsgesetzes. Eventuell müssten für diesen konkreten Fall Fristen und schützenswerten Rechtsgüter angepasst werden. Zuständig für den Kontencheck wäre das Bundeswirtschaftsministerium. Dort fehlt es bislang am politischen Willen.
STEFAN REINECKE