: Umstrittener Auftritt bei der Akademie
IRANISCHER BOTSCHAFTER
Ist es okay, den Repräsentanten eines diktatorischen Regimes zu einer Podiumsdiskussion einzuladen? Gibt man dem Regime damit eine Plattform, seine Lügen zu verbreiten? Oder ist ein solcher Dialog ein Weg, Kriege und Konflikte zu vermeiden?
Stellen musste sich diese Fragen die evangelische Akademie im niedersächsischen Loccum. Zu ihrer Tagung über den Umgang mit dem Iran und über dessen Verhältnis zu Atomwaffen hatte sie unter anderem den iranischen Botschafter in Deutschland eingeladen: Ali Reza Sheikh Attar. Dieser gilt als enger Vertrauter des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Kritiker werfen ihm unter anderem vor, in den 80er-Jahren mitverantwortlich für Massaker an Kurden gewesen zu sein.
Bereits Wochen vor dem Start der Tagung wurde die Entscheidung, Ali Reza Sheikh Attar einzuladen, heftig kritisiert. Der Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft in Hannover, Kay Schweigmann-Greve, sowie die Iran-kritische Initiative „Stop the bomb“ hatten kein Verständnis für die Einladung. Ebenso kritisch äußerten sich am Montag in der taz der ehemaligen Leiter des Fritz-Bauer-Instituts, Micha Brumlik, und der Politikwissenschaftler Hajo Funke.
Aber Ali Reza Sheikh Attar kam trotzdem. Laut epd sagte er, die Islamische Republik Iran strebe keine Atomwaffen an: „Wir sind nicht Pakistan oder Nordkorea.“ Als Nation mit einer mehr als 7.000-jährigen Geschichte wolle der Iran eine geistig-spirituelle Vorbildfunktion in der Region des Nahen und Mittleren Ostens einnehmen. Aber: „Durch Atomwaffen kann man keinen Einfluss haben.“ Sie seien viel mehr nach einem islamischen Rechtsgutachten des religiösen Führers im Iran, Ajatollah Ali Seyed Chamenei, verboten.
Klingt ganz so, als sei wahr geworden, was die Kritiker befürchtet hatten: Das Loccumer Publikum erlebte Ali Reza Sheikh Attar als friedliebenden Intellektuellen. Alles nur, um über die wahren Intentionen seines Landes hinwegzutäuschen? Oder ging es darum, aufrichtig um Vertrauen zu werben? Wer weiß. Die Tagung ist am Freitag zu Ende gegangen. KLAUS IRLER