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Archiv-Artikel

Fehlende Fakten

ASYL Eine Debatte über den Umgang des Senats mit den protestierenden Flüchtlingen gerät zur Farce

Von AKW

Die wirklich wichtige Frage der Debatte stellt die Grüne Canan Bayram: Wenn sich die Regierung jetzt auf den Standpunkt zurückziehe, Berlin könne ja gar nichts an den Asylgesetzen des Bundes ändern, „warum haben Sie dann überhaupt mit den Flüchtlingen verhandelt?“ Die Oppositionsparteien Linke, Grüne und Piraten hatten mit einem gemeinsamen Antrag unter der Überschrift „Wort halten – Flüchtlinge schützen“ am Donnerstag dafür gesorgt, dass diese Frage gestellt werden konnte.

Beantwortet wurde sie von den Regierungsparteien aber nicht. Im Gegenteil: Lustlos verlas SPD-Frau Ülker Radziwill ihren Debattenbeitrag, in dem sie auf das grün geführte Baden-Württemberg verwies, wo Flüchtlinge in Zelten untergebracht würden: „Das wird es hier nicht geben“, so Radziwill. Und musste sich von den Grünen dann den Einwurf anhören, dass für Flüchtlinge dort eine SPD-Ministerin – die ehemalige Berliner Abgeordnete Bilkay Öney – zuständig sei. CDU-Mann Kurt Wansner wiederholte seinen Dauerdebattenbeitrag, es sei nicht der Senat, es seien die UnterstützerInnen und die grüne Bürgermeisterin Friedrichshain-Kreuzbergs gewesen, die den Flüchtlingen falsche Versprechungen gemacht hätten. Und geriet hart an den rechten Rand des Christlich-Demokratischen, als er der türkeistämmigen Bayram vorhielt, er sei – als Kirchgänger – zweimal wöchentlich in der Kreuzberger Thomaskirche, die zuletzt von den Flüchtlingen besetzt wurde: „Im Gegensatz zu Ihnen!“

Als Radziwill noch behauptete, das Einigungspapier, das den Flüchtlingen vom Oranienplatz Versorgung und Prüfung ihrer Einzelfälle zugesichert hatte, würde „konsequent umgesetzt“, es gebe „ausführliche Einzelfallprüfungen“, versuchte der Pirat Fabio Reinhardt, das Niveau der Debatte zu retten. Es gebe bisher keine positiven Bescheide, also Bleiberecht für Flüchtlinge. Diese berichteten zudem, dass die Gespräche für Einzelfallprüfungen teils nur Minuten dauerten, verhalf er der Sozialdemokratin zu mehr Faktenwissen. Doch die Empörung über den Umgang mit den Flüchtlingen, die die Opposition in ihrem Antrag gefordert hatte, mochten die Regierungsparteien nicht teilen. Der Antrag wurde in einen Unterausschuss verwiesen. Und ob der Senat bei den Verhandlungen mit den Flüchtlingen von Anfang an vorhatte, diese „über den Tisch zu ziehen“, wie es der Linke Hakan Tas formulierte – darauf muss weiterhin jeder selbst eine Antwort finden. AKW