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Archiv-Artikel

DIE US-ÖFFENTLICHKEIT UND DER KRIEG IN AFGHANISTAN Auf Wikileaks folgt Bibi Aisha

WASHINGTON taz | Das Foto tut weh. Es zeigt eine junge Frau mit schönen Gesicht, in dessen Mitte ein tiefes Loch klafft. Ihr Ehemann hat ihre Nase herausgeschnitten. Zur Strafe. „Was passiert, wenn wir Afghanistan verlassen“, lautet der Text zu der Geschichte des Time-Magazins.

Die Titelstory klingt wie ein Echo auf die Veröffentlichung von Wikileaks. Wenige Tage, nachdem mehr als 70.000 Geheimdokumente aus dem Afghanistankrieg veröffentlicht wurden, rüttelt in dieser Woche das weltweit mit 3,3 Millionen Exemplaren erscheinende US-Magazin mit dem Foto einer verstümmelten jungen Frau auf. Mit entgegengesetzter Tendenz.

Die Wikileaks-Dokumente haben die Kritik an dem Krieg verstärkt. An der Spitze der USA beherrscht zwar die Verfolgung der Verantwortlichen die Debatte. Nachdem ein junger Mann bereits hinter Gittern sitzt, verlangte das Verteidigungsministerium am Donnerstag von Wikileaks die Herausgabe der nicht veröffentlichten weiteren 15.000 Dokumenten. Doch zugleich wächst auch die Opposition gegen das militärische Engagement. Gerade in der Regierungspartei. In der vergangenen Woche, als die Kriegsfinanzen zur Abstimmung im Repräsentantenhaus anstanden, stimmten 102 DemokratInnen dagegen. Das Budget für die Fortführung der beiden US-Kriege in Irak und Afganistan kam nur dank der Unterstützung der oppositionellen RepublikanerInnen zustande.

In dieser Stimmung hält das Time-Magazin auf seinem Titelblatt fest, dass sich die Lage von Frauen in Afghanistan mit einem Truppenabzug verschlechtern würde. „Wir stellen keine Fragen, wir geben Antworten“, rechtfertigt Chefredakteur Richard Stengel gegenüber CBS diese Behauptung. KritikerInnen in US-Medien und Blogs halten dagegen, dass die Misshandlung der 18-jährigen Bibi Aisha (Name vom Time-Magazin geändert), die deshalb vor ihrer Schwiegerfamilie geflohen war und dann von ihrem Mann verstümmelt wurde, im vergangenen Jahr stattgefunden haben: im achten Jahr der massiven US-Präsenz in Afghanistan.

MenschenrechtlerInnen haben bereits Bilder von Gewalt gegen Frauen veröffentlicht – darunter verätzte und verbrannte Gesichter und Körper und auch eine abgeschnittene Nase. Freilich oft mit entgegengesetzter Tendenz. Human Rights Watch und afghanische Frauengruppen machen die Militarisierung des Landes und den Krieg für die Zunahme der Gewalt gegen Frauen mitverantwortlich.

Während das Time-Magazin an der Heimatfront emotionale Kriegsführung betreibt, stimmt in Afghanistan der US-General und neue Kommandeur die internationalen Truppen auf harte Kämpfe ein. In einer neuen Direktive fordert David Petraeus die 120.000 ausländischen SoldatInnen auf: „Verfolgt den Feind unbarmherzig.“ DOROTHEA HAHN

Foto: ap time inc.

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