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Archiv-Artikel

Konflikte beim Weltsozialforum Arbeit! Freiheit! Scharia?

BEWEGUNG Beim Weltsozialforum in Tunis streiten manche für eine universelle Staatsbürgerschaft. Und andere für das Recht auf Vollverschleierung

Von CJK

TUNIS taz | Rund 30.000 Menschen aus aller Welt haben sich am Mittwoch auf dem Weltsozialforum auf dem Campus der El-Manar-Universität in der tunesischen Hauptstadt Tunis versammelt. Es ist das erste WSF in einem arabischen Land. Anders als in den Vorjahren steht das 11. Weltsozialforum nicht unter dem traditionellen Slogan „Eine andere Welt ist möglich“, sondern unter dem Motto „Würde“. Neben Themen wie globaler Umverteilung, dem Kampf gegen die Privatisierung öffentlicher Dienste, Landraub und Migration geht es auch um eine Zwischenbilanz des Arabischen Frühlings. Eine Bürgerrechtsorganisation aus Tripolis berichtete beispielsweise über die Situation in ihrem Land. Im heutigen Libyen gibt es Meinungsfreiheit, aber eben nicht zu allen Themen, sagt Nadr Abo Zile.

Das Forum findet in einem Land statt, das geprägt ist von einem schwelenden Konflikt zwischen Religiösen und Säkularen. Dieser Riss zieht sich auch durch das Forum.

„Das treffen hat das Motto ‚Würde‘, und das ist genau das, wofür der Islam steht“, sagt Fatma Maaima von der Organisation Saheb Ettaba. Am Mittwoch verteilte die junge Frau mit anderen Angehörigen ihrer Organisation Broschüren an die Globalisierungsgegner, mit denen sie für „islamische Lebensart“ warb. „Natürlich meinen wir damit die Scharia“, sagt sie. Ihr sei bewusst, dass dies mit den Wertvorstellungen der meisten linken Teilnehmer unvereinbar sei. „Wir wissen, dass es hier viele Leute gibt, die gegen die Religion sind. Aber wir sind hier, um mit ihnen zu reden.“

Außer Saheb Ettaba sind eine Reihe weitere religiöser und islamistischer Organisationen vertreten, die das Thema soziale Gerechtigkeit für sich reklamieren. Sie alle betrachten sich als Teilnehmer des WFS. Auf der Eröffnungsdemonstration am Vortag waren auch Islamisten unter den weit mehr als 10.000 Teilnehmern. Sie dichteten den Slogan der tunesischen Revolution um: Statt „Arbeit, Freiheit, Umverteilung“ riefen sie „Arbeit, Freiheit, Scharia“. Sie trugen ebenfalls die WSF-Teilnehmerkärtchen. „Wir finden es nicht gut, aber sie haben das Recht, hier zu sein“, sagte ein Ordner.

Während auch die als Gäste aus dem Ausland angereisten Forumsteilnehmer auf die religiösen meist zurückhaltend reagieren, rufen diese bei vielen TunesierInnen teils wütende Reaktionen hervor. Frauen, die mit einer Dauermahnwache unter dem Motto „Nikab bis zum Ende“ für ihr Recht demonstrieren, voll verschleiert die Universität zu besuchen, wird „Haut doch ab nach Saudi-Arabien“ entgegengerufen. „Die reden hier die ganze Zeit von der Revolution der Würde“, sagt Emina, eine voll verschleierte Elektrotechnikstudentin. „Aber unsere Würde wollen sie uns stehlen.“ CJK

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