DIE GESELLSCHAFTSKRITIK: Landesväterchen unter sich
WAS SAGT UNS DAS? Edmund Stoiber empfiehlt Kurt Beck seinen Nachfolger Horst Seehofer als neuen Verwaltungsrat des ZDF. Aha.
Nein, zumindest in Bayern haben sie nichts gelernt aus der Debatte um das ZDF und die Staatsferne im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Nach 17 langen Jahren schleicht sich im obersten Gremium der Anstalt, dem Verwaltungsrat, nun Edmund Stoiber (CSU). Er hat sich hier länger „für eine positive Entwicklung des ZDF engagiert“, wie er laut FAZ dem Verwaltungsratsvorsitzenden schreibt, als er das als Ministerpräsident in Bayern konnte – da hat es bekanntermaßen „nur“ für 14 Jahre gereicht.
Und wie sich Stoiber beim Zweiten „engagierte“: Der Abschuss von Nikolaus Brender im vergangenen Herbst, die über Monate in aller Dreistigkeit wie Öffentlichkeit durchgezogene Kampagne gegen den ZDF-Chefredakteur, ging zu einem Gutteil mit auf Stoibers Konto. Denn Stoiber hatte nie vergessen, wer ihm 2002 angeblich die Bundeskanzlerschaft versaut hatte: der Brender und die von ihm verantwortete vermaledeite ZDF-Berichterstattung nämlich. Nun hofft Stoiber laut dem schon zitierten Brieflein, dass für ihn „eine Persönlichkeit“ nachrückt, „die aktive Verantwortung für die Medienpolitik in Deutschland trägt“.
Dagegen wäre nichts einzuwenden, wäre damit nicht Horst Seehofer gemeint: „Ich hoffe, dass mein Nachfolger im Amt des Bayerischen Ministerpräsidenten diese Arbeit fortsetzen kann“, schreibt Stoiber weiter. Ein Ex-MP raus, ein aktiver rein. Staatsferne sieht anders aus.
Womit wir beim Adressaten des Briefleins wären: Der heißt Kurt Beck, ist für die SPD Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und als ZDF-Verwaltungsratschef bisher Stoibers oberster Gegenspieler. Weil Beck so etwas wie mit Brender nicht nochmal erleben möchte, es aber nicht verhindern konnte, sitzt er in der Klemme: Einerseits lässt er beim Verfassungsgericht wegen mangelnder Staatsferne beim ZDF klagen. Aber nur ein bisschen, und auch das dauert schon sehr lange – bis heute liegt noch nicht einmal die sogenannte Antragsschrift vor. Denn wenn Karlsruhe sich so richtig der Sache annimmt, könnte auch Becks Stühlchen beim ZDF wackeln. Denn das Gesetz sagt nur, dass 5 von den 14 Verwaltungsräten, die immerhin über so wichtige Punkte wie Haushalt, Programmdirektor und Chefredakteur beim ZDF befinden, den Bundesländern zustehen – wobei einer immer für Rheinland-Pfalz als „Heimatland“ des Mainzer Senders frei gehalten wird. Davon aber, dass diese Plätze für Ministerpräsidenten reserviert sind, steht nirgends etwas. STG
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