KURZKRITIK: BIOGRAFIE „ROTE KARTE DEPRESSION“ : Riskantes Outing
Zehn Tage nach dem Selbstmord von Robert Enke teilte der Fußballprofi Andreas Biermann vom FC St. Pauli auf einer Pressekonferenz mit, dass er kurz vor dem Torwart ebenfalls einen Suizid-Versuch unternommen habe und sich nun wegen Depressionen in stationärer Behandlung befinde. Erst durch Teresa Enkes öffentliche Beschreibung der Symptome ihres Mannes sei ihm klar geworden, woran er leide.
Damit habe sie ihm letztlich das Leben gerettet, sagt Biermann in seiner gerade erschienenen Biografie „Rote Karte Depression: Das Ende einer Karriere im Profi-Fußball“. In zahlreichen Gesprächen mit Biermann, seiner Frau, seiner Psychologin und Weggefährten zeichnet der Hamburger Journalist Rainer Schäfer Biermanns Geschichte bis in die Kindheit nach. Vom verspotteten „Pumuckl aus Spandau“, der sich nur über den Ball mitteilen kann, über den talentierten Fußballprofi, den Verletzungspech immer wieder kurz vorm Durchbruch stoppt, bis zum Poker-As, dem langsam alle Karten aus der Hand gleiten.
Eigentlich wollte Biermann mit dem Buch beweisen, dass man trotz Depressionen Leistungssport betreiben kann. Nach dem Outing bekam er aber nur noch Vertragsangebote, die ihm nicht erlaubt hätten, für seine Familie zu sorgen.
Dem von DFB-Präsident Theo Zwanziger auf Robert Enkes Beerdigung vollmundig vorgetragenen Appell, das Kartell der Tabuisierer zu brechen, sind keine Taten gefolgt. Außer von Biermann. RALF LORENZEN
Tazzwei SEITE 15
Andreas Biermann/Rainer Schäfer: Rote Karte Depression: Das Ende einer Karriere im Profifußball. Gütersloher Verlagshaus, 14,99 Euro