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Archiv-Artikel

NRW-SPD klagt doch nicht gegen Hartz IV

ARBEITSLOSE Alle Hoffnung vergebens: Die rot-grüne Regierung von NRW wird entgegen ihrem parlamentarischen Auftrag nicht gegen die willkürlichen Hartz-IV-Sätze vor Gericht ziehen

VON ANDREAS WYPUTTA

BOCHUM taz | Nordrhein-Westfalens rot-grüne Landesregierung will den nach langem Streit beschlossenen Hartz-Kompromiss doch nicht vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen. „Eine Normenkontrollklage ist kein Thema“, so der Sprecher von NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD), Lothar Wittenberg, zur taz. Die Opposition zeigte sich enttäuscht – der nordrhein-westfälische Landtag hatte mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken die rot-grüne Minderheitsregierung aufgefordert, gegen den Hartz-IV-Beschluss erneut vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Die Berechnung sei „willkürlich, intransparent und nicht urteilskonform“.

Besonders heftig kritisierte die Linke den Rückzieher der SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und ihres Arbeitsministers. Die „unzureichende Sicherung erwerbsloser Menschen und ihrer Kinder“ werde „weiter ausgehöhlt“, schreibt die Sozialpolitikerin Carolin Butterwegge an Kraft. Auch die Koalitionsfraktionen machen sich weiter für die Klage stark. „Wir halten eine höchstrichterliche Prüfung für sinnvoll“, sagt die grüne Abgeordnete Andrea Asch. Und der Vorsitzende des Sozialausschusses, Michael Scheffler (SPD), reagiert überrascht auf den Klageverzicht: „Da werden wir noch drüber reden müssen.“

Enttäuscht sind auch die Sozialverbände. Schließlich können nur die Regierungen von Bund, Ländern oder ein Viertel der Bundestagsabgeordneten per Normenkontrollklage direkt nach Karlsruhe ziehen. Hartz-Beziehern ist dagegen der langjährige Weg durch alle Instanzen auferlegt.

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hatte sich Ende Februar auf eine Erhöhung der Hartz-Sätze um 5 Euro geeinigt. Sozialverbände hatten dies scharf kritisiert: „Mit Sicherheit nicht verfassungsgemäß“ sei der, hatte etwa Hermann Zaum, Chef des Paritätischen Wohlfahrtsverbands in NRW, gesagt. Von „statistischen Tricksereien“ hatte Stefan Koch vom Sozialverband Deutschland gesprochen. Die Höhe der Sätze sei von Schwarz-Gelb im Bund willkürlich beschlossen worden.

Die Verbände, die selbst kein Klagerecht besitzen, hatten deshalb auf NRW gehofft: Für eine Klage von Grünen und Linken im Bundestag reicht deren Abgeordnetenzahl nicht aus.

Die Landesregierung will trotzdem hart bleiben. Zwar habe auch Minister Schneider als einstiger DGB-Landeschef massive Zweifel, ist aus Düsseldorf zu hören. Trotzdem könne das SPD-geführte Land schlecht gegen den Kompromiss klagen – der sei immerhin von der stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden Manuela Schwesig ausgehandelt worden.