: Beleidigte Würste
MUSIK Weil eine Satireband die Rechtsrocker von Frei.Wild parodiert, wollen diese klagen
„Still“ heißt das Akustikalbum, das die Südtiroler Rechtsrockband Frei.Wild für November angekündigt hat. Mit ihrem ersten Unplugged-Werk geht die Band, deren Texte rechtsoffen aufgeladen sind, auch auf Tour. „Kulturstätten“ wollen sie mit opulenter Orchestrierung bespielen.
Unter diesen Kulturstätten befand sich auch der Spreepark, ein stillgelegter Freizeitpark in Berlin-Treptow-Köpenick. Aus dem dortigen Liveauftritt Ende November aber wird für Frei.Wild nichts: Die Übergangsverwaltung des Parks hat das Konzert abgesagt. „Es hat nichts mit der Ausrichtung der Band zu tun“, erklärt Gerd Emge, dessen Sicherheitsfirma die Verwaltung des Parks obliegt, „sondern nur damit, dass das Konzert von den Veranstaltern bereits angekündigt wurde, ohne dass Verträge unterzeichnet waren.“
Egal, dachte sich die Berliner Satirepunkband Nordwand, Frei.Wild abzusagen ist so oder so eine gute Idee. Sie verfremdeten den Tour-Flyer der Deutschrockband auf ihrer Facebook-Seite, strichen das Spreepark-Datum durch, machten einen grünen Haken dahinter und fragten: „Welche Lokationen sind noch dabei?“ Andere Konzertorte sollten sich doch bitte ein Vorbild nehmen und die Tour der Band mit den mitunter rechtspopulistischen Inhalten zusammenschrumpfen.
Nun droht die Frei.Wild GbR der weitestgehend unbekannten und entsprechend mittellosen Berliner Satireband, deren Konzept übrigens die Parodie von Rechtsrockbands ist, mit Klage. Eine Hamburger Kanzlei fordert sie im Namen der Südtiroler Band dazu auf, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Die Verwendung sei eine „Verletzung des Urheberrechts“ und eine „Beleidigung zum Nachteil“ der Band, vor allem Letzteres ein interessanter Straftatbestand. Im Falle einer Klage bemisst die Kanzlei den Streitwert auf eine sechsstellige Summe. Die Band Nordwand erklärt: „Wir sehen unsere Parodie des Flyers durch das im Grundgesetz verankerte Recht auf freie Meinungsäußerung legitimiert.“
Klagedrohungen gegen musikalische Gegner aus dem linken Spektrum scheinen indes zum Hobby der Frei.Wild GbR geworden zu sein: Auch die Berliner Hardcoreband Frei Schnauze! hatte etwa 2011 das Vergnügen mit Frei.Wild-Anwälten, weil sie einen T-Shirt-Schriftzug entfremdet hatte. Damals blieb es bei der Drohung der Anwälte – die Band Frei Schnauze! hatte das „Wild“ im Logo der Band aus Brixen überpinselt und auf eigenen Shirts durch die Forderung „Schnauze!“ ersetzt. JENS UTHOFF