: Das sind doch nur Hormönchen
Das ARD radiofeature „Außer Kontrolle“ über Doping im Fußball (Sa., 13.05 Uhr, Bayern 2)
Carlo Petrini bezeichnet sich selbst als „Aussätzigen“, denn der italienische Exprofi spricht offen über Doping im Fußball in Italien: In den 60er- und 70er-Jahren wurde auch gerne mal ein und dieselbe Spritze in die Oberschenkel einer ganzen Mannschaft gerammt.
Heute ist der ehemalige Stürmer schwer krank und berichtet im ARD radiofeature „Außer Kontrolle. Doping im Fußball“ mit rauer Stimme über das Erlebte.
Autor Lorenz Rollhäuser ist ein vielschichtiges Hörwerk gelungen, das atmosphärisch dicht den Hinweisen auf systematisches Doping im Fußball folgt und letztlich ein ernüchterndes Bild zeichnet: Schon die 1954er Weltmeisterelf von Bern erhielt „Vitaminspritzen“, Nationaltorwart Toni Schumacher sprach von „Hormönchen“ für die Höhenanpassung bei der WM 1986 in Mexiko, und der spanische Dopingpapst Eufemiano Fuentes gab nach hartnäckigem Nachfragen der französischen Zeitung Le Monde 2006 die Zusammenarbeit mit spanischen Profifußballvereinen zu. Als die Namen Real Madrid und FC Barcelona fielen, hagelte es Klagen.
Fuentes, gelernter Gynäkologe, ist es auch, der die These vertritt, dass Präparate wie das vor allem aus dem Radsport bekannte Ausdauerdopingmittel Epo zum Wohle des Sportlers eingesetzt würden. Denn „der Hochleistungssport schadet der Gesundheit des Sportlers“ und da müsse man halt „mit Medikamenten entgegensteuern“.
Die Radiodoku weist aber auch auf die Situation im Nachwuchs- und Amateurbereich hin. In einschlägigen Internetforen holen sich die Interessenten Rat über Testosteron („Testo“), Anabolika und Co. Jeder Versuch Rollhäusers, mit den Pharmajunkies zu sprechen, scheitert, „denn für den Fußball gilt: wer redet, ist weg“. JAN SCHEPER