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Archiv-Artikel

Die Zeichen richtig deuten

WHO IS WHO Ein Wegweiser durch die Vielzahl von Labeln und Akteuren. Im Mittelpunkt stehen die Interessen von Produzenten. Die Kriterien einzelner Siegel und Importeure variieren. Nicht alle agieren mit gleichem Erfolg

Fairtrade-Kriterien

■ Den Produzenten werden für ihre Produkte stabile Mindestpreise zugesichert, die über dem Weltmarktniveau liegen, die Existenz der Produzenten sichern und eine sozial gerechte und umweltverträgliche Produktion ermöglichen

■ Langfristige Abnahmeverträge sichern die Einnahmen der Erzeuger.

■ Durch den Verzicht auf Zwischenhändler erhalten die Hersteller den kompletten Ertrag.

■ Das Arbeitsumfeld muss sicher und gesundheitsverträglich sein, Kinder- und Sklavenarbeit sind verboten und den Arbeitenden ist es erlaubt, sich gewerkschaftlich zu organisieren.

■ Die Gleichberechtigung von Frauen wird gefördert, indem sie für ihre Arbeit ein angemessenes Gehalt bekommen und ihre Stellung in den Organisationen gestärkt wird.

■ Projekte für die Schulausbildung, die medizinische Versorgung und Alterssicherung der Erzeuger werden finanziell unterstützt.

■ Ökologische Landwirtschaft ist kein Zwang, allerdings wird er gefördert und umweltschädigende Pestizide sind untersagt.

■ Die Produktion von Lebensmitteln ist frei von Gentechnik. (as)

VON ANTJE STIEBITZ

Die Vielzahl der Siegel und Label, die dem Konsumenten fair gehandelte Produkte versprechen, ist unübersichtlich. Deshalb fordert die Verbraucherzentrale schon länger verbindliche Kriterien für fair gehandelte Produkte. Immerhin hat die internationale Dachorganisation Fairtrade Labelling Organisations International (FLO), in der mehrere nationale Siegelinitiativen zusammengeschlossen sind, seit 1999 ein gemeinsames Fairtrade-Siegel eingeführt. Das Siegel ist mit Grundsätzen verknüpft, die die Rechte der Produzenten in Asien, Südamerika und Afrika stärken, um damit eine gerechtere Weltwirtschaft anzustreben. Erfüllen Unternehmen diese Fairtrade-Kriterien (siehe Kasten), vergibt die FLO Zertifikate und Lizenzen an sie.

In Deutschland ist die Gütesiegelinitiative TransFair für das Fairtrade-Siegel der FLO zuständig. Weitere Siegelinitiativen sind beispielsweise Rainforest Alliance, Rapunzel „Hand in Hand“ und „Common code for the Coffee Community“ (4C). Allerdings kommt eine Studie der Lobbyorganisation Forum Fairer Handel zu dem Ergebnis, dass keines dieser Systeme den Ansprüchen der FLO gerecht wird. Fair gehandelt werden auf dem deutschen Markt vor allem Kaffee, Tee, Süßigkeiten, Honig, Bananen, Südfrüchte, Fruchtsäfte und Wein. Neben Lebensmitteln ist Kunsthandwerk beliebt und auch ein Markt für Schnittblumen entwickelt sich.

Die älteste Fairhandelsorganisation in Europa ist die Gepa („The Fair Trade Company“): Seit 1975 Jahren arbeitet sie eng mit Kleinproduzenten zusammen. Sie war bislang der größte Siegelnehmer von TransFair, geht in Sachen Label nun aber in weiten Teilen andere Wege (siehe unten stehenden Artikel). Das Unternehmen arbeitet mit über 170 Genossenschaften und Vermarktungsorganisationen zusammen. Ihre Produkte – Lebensmittel, Handwerk und Textilien – verkauft die Gepa in Weltläden, Supermärkten und online. Ihre Gesellschafter sind evangelische und katholische Organisationen.

El Puente bedeutet übersetzt „die Brücke“, da sich der Direktimporteur als Brücke zwischen Nord und Süd versteht. Der Großhandelsvertrieb ist nach der Gepa bislang der zweitgrößte Importeur von fairen Produkten und hat 140 Projektpartner in 40 Ländern. Fünf seiner Artikel schnitten im Öko-Test-Magazin vom August 2012 mit besten Bewertungen ab. El Puente lehnt das TransFair-Siegel bewusst ab, da es nicht alle der angebotenen Produktgruppen des Vertriebs abdecken würde. El Puente orientiert sich an den Vorgaben der World Fair Trade Organisation (WFTO), einer weiteren internationalen Dachorganisation von Fairtrade-Organisationen, die durch ein dreistufiges Monitoringsystem dafür bürgt, dass ihre Mitglieder Fairen Handel betreiben.

Die Verbraucherzentrale fordert verbindliche Kriterien für fair gehandelte Produkte

dwp (Dritte-Welt-Partner GmbH) ist der drittgrößte Importeur in Deutschland und ist genossenschaftlich organisiert. Das bedeutet, dass sich Produzenten, Weltläden und Konsumenten an dem Fairtrade-Unternehmen beteiligen können. Bei Lebensmitteln liegt der „faire“ Preis von dwp in der Regel deutlich über dem Weltmarktniveau und übertrifft oftmals die Mindestpreise der FLO. Die Dritte-Welt-Partner GmbH ist Mitglied bei der WFTO.

Der Verein BanaFair importiert und vertreibt seit 1986 Bananen von Kleinbauernfamilien und fördert damit einen menschenwürdigen und ökologischen Anbau. Damit ermöglicht es BanaFair den Konsumenten vom Kauf bei multinationalen Konzernen abzusehen. Die Bauern erzielen durch den Handel mit BanaFair einen deutlich höheren Preis als auf dem Weltmarkt üblich. Außerdem finanziert BanaFair durch einen Projektaufschlag soziale und ökologische Projekte, immer das Ziel vor Augen, die Situation der Produzentenfamilien zu verbessern. Der Verein hat im gesamten Bundesgebiet über 500 Verkaufsstellen.

Flowerlabel: Das von Menschenrechtsgruppen initiierte FLP-Siegel für Schnittblumen, die unter Sozial- und Umweltstandards produziert werden, ist vorerst gescheitert. Ein neues System für „saubere Blumen“ wird derzeit ausgearbeitet (siehe Artikel auf Seite 3).