: Nachrichten als Hörspiel
RUNDFUNK In England produzieren Radiomacher in wenigen Tagen Hörspiele mit aktuellem Bezug
Wir haben zwei Sendeplätze für aktuelle Hörspiele, der eine heißt „Rapid Response“, da haben wir etwa alle zwei Monate eine Art Carte blanche, da können wir etwas zum Zeitgeist machen, etwas, was in der Gegenwart spielt, was vielleicht nur in den nächsten zwei bis drei Monaten aktuell ist. Wir greifen Diskussionen auf und reagieren darauf mit einem Hörspiel. Normalerweise planen wir 12 bis 18 Wochen vor einer Sendung, aber hier fangen wir erst zwei Monate vorher an. Das Stück muss ja so nah wie möglich am Sendetermin fertiggestellt werden, damit es noch aktuell ist.
Die andere Reihe der Hörspielabteilung der BBC heißt „From Fact to Fiction“. Wir haben zwei Staffeln im Jahr von jeweils acht Sendungen. Das ist ein 15-minütiger Sendeplatz, samstags um 19 Uhr. In dieser Woche trifft sich montags morgens ein Autor mit einem Produzent, schaut sich die Zeitungen an, um das große Thema der Woche zu finden. Das können nationale oder internationale Themen sein. Sie müssen nur am Ende der Woche noch aktuell sein. Manchmal haben wir drei Geschichten, manchmal bietet sich gar nichts an, da müssen wir etwas suchen. Dann hat der Autor Dienstag bis Donnerstag Zeit, das Manuskript zu schreiben, mittwochs liefert er meist eine Rohfassung, damit wir noch dramaturgisch arbeiten und schon mal überlegen können, welche Sprecher gebraucht werden. Am Freitag produzieren wir, und am Samstag wird gesendet.
Am besten ist, wenn die Geschichte, auf die wir reagieren, in den 19-Uhr-Nachrichten kommt, und zwei Minuten später folgt das Hörspiel dazu aus einem ganz anderen Blickwinkel, einem dramatischen, kreativen. Manchmal ist es die Reaktion auf die Nachricht, manchmal spinnen wir eine Geschichte weiter. Als Hörspielmacher wollen wir etwas Neues zum öffentlichen Diskurs beitragen, einen anderen Blickwinkel als die Nachrichtenkollegen liefern, menschliche Hintergründe aufzeigen, denjenigen eine Stimme geben, die sonst nicht in den Medien sind. Es kann auch etwas Satirisches sein, alle Formen sind möglich. SASHA YEVTUSHENKO
■ Der Autor ist Hörspielproduzent bei der BBC in London. Dieser Text ist Teil einer Kooperation der taz mit Mehrspur, dem Medienmagazin des Radiosenders SWR2. Die nächste Sendung läuft am 2. Januar um 19.30 Uhr. Die vergangene ist nachzuhören unter: www.swr2.de/dokublog