: Die Königin
BETTELHOFEN Zur Käsekönigin gekrönt: Mona Weber aus dem Allgäu
MONA WEBER
Die Königin hat keinen Käse im Haus. Mona Weber öffnet ihren Kühlschrank, schaut hinein und findet nichts. Sie schließt den Kühlschrank wieder, dreht sich um und schweigt. Sie sagt dann: „Das tut mir jetzt aber sehr leid, dass ich keinen Käse habe.“ Sie entschuldigt sich, denn sie, die 19-Jährige aus Bettelhofen im Allgäu, ist die einzige Käsekönigin in Deutschland.
In ihrem Leben hat sich schon immer alles um Käse gedreht. Die Eltern hatten einen Bauernhof mit Milchwirtschaft in Bettelhofen. „Da gibt es mehr Kühe als Einwohner“, sagt Mona Weber. Gerade lässt sie sich in Wangen im Allgäu zur Milchwirtschaftlichen Laborantin ausbilden. Sie lernt Milch zu prüfen, die zu Käse verarbeitet wird. Dass sie seit zwei Jahren Käsekönigin ist, hat sie ihren Kolleginnen aus dem Labor zu verdanken. „Alle haben gesagt: Mach das Mona, du bist dafür ideal“, erzählt sie.
Mona Weber trat zur Wahl an. Eine spontane Entscheidung, „einfach so“, sagt Mona Weber. Doch jetzt gefällt ihr die Aufgabe.
Weinköniginnen gibt es viele, schon seit 1931. Die Käsekönigin gibt es nur einmal in Deutschland, erst seit 2002. Es gibt noch Milchköniginnen, Gurkenköniginnen, Apfelköniginnen und Weißbierköniginnen. Alle 80 Königinnen treffen sich einmal im Jahr zum Produktköniginnentreffen. Neidisch ist Mona Weber vor allem auf die nie leer werdenden Weingläser der Weinköniginnen: „Die Weinköniginnen haben immer etwas zum Festhalten und Trinken.“
Repräsentieren. Darstellen. Bezaubern. In der Stube ihres Elternhauses, in der ein niedriger Tisch aus dunklem Holz und zwei bequeme Polstersessel zum Sitzen einladen, empfängt sie ihre Gäste. Auf den Tisch hat sie ihre bestickte, goldene Schärpe und eine zarte, silberne Krone gelegt. Die zwei Utensilien einer jeden Käsekönigin. Auf der Schärpe steht in roten Buchstaben: „Allgäuer Käsekönigin“.
Die Kür der Käsekönigin, das ist der Versuch der Branche, dem Käse etwas Majestätisches zu geben. Alleine hat er das offensichtlich nicht. Doch jetzt hat er die Königin. Ein schmales Gesicht mit blauen Augen, blondem, fast schulterlangem Haar. Sie verschränkt die Hände hinter dem Rücken, lächelt gekonnt in die Kamera. Der Käse hat sie zum Profi gemacht.
Sie geht auf Käsemessen und zu Eröffnungen von Käseläden. Sie geht zum Tag der offenen Tür in Käsereien und zum Empfang des Regierungspräsidenten. Sie hat sogar die Kanzlerin getroffen. In Lindau, beim Wahlkampf. „Manchmal stehe ich den halben Tag irgendwo und muss immer lächeln“, sagt Weber. Sie steht oft zwischen Käsern und Landwirten, die sich mit ihr, der Königin, und dem Käse ablichten lassen. „Oft bin ich nur Deko“, sagt sie. Das „ist manchmal schon anstrengend“. Das ist aber „keinesfalls erniedrigend“, schiebt sie hinterher. Es sei ihre Aufgabe, ein Ehrenamt, für das sie sich entschieden habe. Ihr Arbeitgeber habe ihr für die „mindestens 50 Termine“ freie Tage gegeben. Für die Förderung stehen Regionalverbände.
Bei der Frage nach ihrem Lieblingskäse zögert sie für Sekunden. Zu groß ist die Vielfalt des Produkts, für das sie steht. Sie lächelt und sagt: „Bergkäse und Camembert. Ganz typisch hier aus dem Allgäu, einfach ein Genuss.“ Die Werbesprüche fallen schnell.
Damit verbunden ist auch die Steigerung ihrer Bekanntheit. „Du musst nur nach der Käsekönigin fragen, die kennt hier jeder“, sagt Mona Weber. Hier, im Allgäu.
Der Käse machte Mona Weber zur Königin. Er selbst liegt zu Hause im Kühlschrank. Oder eben auch nicht. DAVID KÖNDGEN, LYONER-NARR