: Schwere Kämpfe in Abidjan
ELFENBEINKÜSTE Militär schießt auf Anhänger des gewählten Präsidenten Ouattara, die auf das Gebäude des Staatsfernsehens marschieren und den Machtwechsel einläuten wollen
VON DOMINIC JOHNSON
Der Versuch des gewählten Präsidenten der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, nach zwei Wochen Abwarten seinen Wahlsieg per Volksaufstand durchzusetzen, hat gestern zu schweren Kämpfen in der ivorischen Metropole Abidjan geführt. Mit einem massiven Militäraufgebot und dem Einsatz schwerer Artillerie stoppten die Sicherheitskräfte des noch amtierenden Wahlverlierers Laurent Gbagbo den Versuch Ouattara-treuer Demonstranten, auf die Zentrale des Staatsfernsehens RTI in der ivorischen Metropole Abidjan zu marschieren und sie als erstes Regierungsgebäude zu besetzen. Unterschiedlichen Berichten zufolge gab es zwischen 4 und 32 Tote, als Gendarmen und Soldaten auf Demonstranten schossen und später mit Rebellen kämpften.
Bereits am frühen Morgen riegelten Gbagbos Sicherheitskräfte die Zufahrtswege aus dem nördlichen Abidjaner Stadtviertel Abobo, einer Hochburg der Ouattara-Anhänger, ins Stadtzentrum hermetisch ab. Es kam in verschiedenen Teilen der Stadt zu gewaltsamen Zusammenstößen, bei denen nicht nur Tränengas, sondern auch scharfe Munition zum Einsatz kam. AFP-Reporter zählten zunächst vier Leichen. Am Vormittag setzte sich eine Menschenmenge vom „Hotel du Golf“, Ouattaras von Rebellen und UN-Soldaten geschütztem Regierungssitz am östlichen Stadtrand, stadteinwärts zur 2 Kilometer entfernten RTI-Zentrale in Bewegung, wurde aber nach 500 Metern von Gbagbos Militär gestoppt. Nachdem einige Demonstranten zunächst zum Hotel zurückgingen, versuchten die dort stationierten Kämpfer der nordivorischen Rebellenarmee FN (Forces Nouvelles), die Ouattara unterstützt und von dessen Premierminister Guillaume Soro geführt wird, dem Marsch doch noch den Weg freizuschießen.
Es entwickelten sich heftige Kämpfe mit schwerer Artillerie, deren Ausgang am Nachmittag noch offen war. Dunkle Rauchwolken von brennenden Straßensperren füllten den Himmel über Teilen Abidjans. Premierminister Soro, der ebenso wenig wie Ouattara das Hotel verließ, rief die Bevölkerung dazu auf, die „Mobilisierung“ fortzusetzen und sich nicht „von der Diktatur der Panzer ablenken“ zu lassen. Sein Sprecher Meité Sindou erklärte, es seien insgesamt zwei Rebellen und 30 Zivilisten getötet worden. Gbagbos Garde sei zurückgedrängt worden, obwohl sie von angolanischen und liberianischen Söldnern verstärkt worden sei.
Soro hatte am Dienstag angekündigt, am Donnerstag das Fernsehgebäude einzunehmen und seine nächste reguläre Kabinettssitzung am Freitag im offiziellen Amtssitz des Premierministers abzuhalten. Die Gbagbo-treue Armeeführung hatte daraufhin gedroht, für sämtliche Konsequenzen einer solchen Aktion sei die UN-Mission verantwortlich, deren Soldaten das „Hotel du Golf“ schützen. Ursprünglich hatte Soro die UN-Mission gebeten, auch die geplanten Demonstrationszüge zu schützen. Dies wurde abgelehnt.
Soro hatte auch geplant, dass Ouattara-Anhänger aus dem FN-beherrschten Norden der Elfenbeinküste nach Abidjan kommen und bei der Einnahme der Regierungsgebäude helfen. Dies wurde von Gbagbos Militär an der nach wie vor gültigen Waffenstillstandslinie zwischen dem FN-kontrollierten Norden und dem Gbagbo-kontrollierten Süden der Elfenbeinküste verhindert. In der ivorischen administrativen Hauptstadt Yamoussoukro 40 Kilometer südlich der Waffenstillstand wurde am Mittwoch bei Zusammenstößen zwischen Ouattara-Demonstranten und der Polizei ein Polizist getötet. Gestern zündeten Demonstranten die Gbagbo-Parteizentrale in Yamoussoukro an.