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Archiv-Artikel

Im Dunkeln keimt die Saat noch mal so gut

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland deckt drei bisher unbekannte Anbauflächen für gentechnisch veränderten Mais in Köln und Aachen auf. Eine Ausnahmegenehmigung erlaubt den Anbau, der den Behörden nicht gemeldet werden muss

VON PASCAL BEUCKER

An mindestens drei bislang unbekannten Standorten im Rheinland wird zur Zeit genmanipulierter Mais angebaut. Das hat jetzt der in Düsseldorf ansässige nordrhein-westfälische Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) herausgefunden. Damit ist die Zahl der Flächen, auf denen in Nordrhein-Westfalen Gentech-Anbau erfolgt oder für die zumindest eine entsprechende Anbaugenehmigung vorliegt, auf mindestens 27 gestiegen. Wie die Recherchen der Umweltorganisation ergaben, wird auf zwei Flächen des Demonstrationsgartens des Max-Planck-Instituts in Köln Genmais der Linien MON 810 und T25 angebaut.

Nach dem BUND vorliegenden Informationen wurde mit gentechnischen Verfahren in die Maispflanze MON 810 Erbgut aus einem Bodenbakterium eingeschleust. Dies hat zur Folge, dass sie nunmehr ein für zahlreiche Insekten giftiges Protein produziert. Die Pflanze T25 enthält ein Gen, das die Pflanze gegen das Herbizid BASTA resistent macht sowie gegen das Antibiotikum Ampillicin. Auch auf dem Gut Melaten der RWTH Aachen wächst derzeit Genmais der Linie MON 810.

Bereits im Frühjahr 2004 hatte der BUND die Standorte von 24 Flächen zwischen Rhein und Ruhr recherchiert und ins Internet gestellt, auf denen das Berliner Robert-Koch-Institut schon vor Jahren die Ausbringung von gentechnisch verändertem Mais und Raps sowie von Kartoffeln und Zuckerrüben genehmigt hat. Die genaue Lage aller Flächen kann auf der Homepage des Verbandes unter www.bund-nrw.de/gentech-infosystem.htm eingesehen werden.

Das Kölner Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung (MPIZ) gilt als Vorreiter in Sachen „grüner Gentechnologie“. Bereits im Mai 1990 startete es den ersten Freilandversuch mit gentechnisch veränderten Organismen in der Bundesrepublik: Das am Carl-von-Linné-Weg beheimatete MPIZ pflanzte 30.000 Petunien, denen ein aus Mais isoliertes Gen und ein Resistenzgen gegen das Antibiotikum Kanamycin eingebaut worden war, auf ein Versuchsfeld im Kölner Stadtteil Vogelsang.

Die manipulierten Pflanzen waren daran erkennbar, dass die eigentlich weißen Blüten eine lachsrote Farbe hatten. Die heftig umstrittene Freisetzung war „freihändig“, sprich: ohne Rechtsgrundlage, genehmigt worden.

Wissenschaftlich war das damalige Petunien-Experiment ein Fehlschlag. Allerdings mutmaßten Kritiker von Anfang an, dass es ohnehin weniger um die Forschung als vielmehr vor allem um eine Werbemaßnahme für die Gentechnik gegangen sei. Die „Genbastler“ wollten „mit den netten Balkonpflanzen Akzeptanz und Gewöhnung bei der Bevölkerung erreichen“, kritisierte damals die Kölner Initiative „Bürger beobachten Petunien“. Der Versuch habe somit nur dazu gedient, „eine Lokomotivfunktion für weitere Freisetzungen zu übernehmen“.

Rechtsgrundlage für den jetzt aufgedeckten Anbau ist eine Ausnahmegenehmigung des Bundessortenamtes in Hannover. „Ein solcher Anbau muss derzeit weder den Behörden noch den benachbarten Landwirten gemeldet werden und findet fast im Geheimen statt“, sagt Ralf Bilke, Agrarreferent des BUND NRW. Die EU schreibe mit der Freisetzungsrichtlinie zwar zwingend ein Anbauregister vor. Doch das von Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) auf den Weg gebrachte novellierte Gentechnikgesetz, das unter anderem die Einrichtung eines solchen Registers regeln soll, werde von der Unions-Mehrheit im Bundesrat blockiert. „Diese Lücke nutzend, lassen die Gentech-Unternehmen die Öffentlichkeit bewusst im Dunkeln tappen, um ihnen lästige, kontroverse Diskussionen zu vermeiden“, so Bilke.