Chronik rund um den 12. Dezember 1980 : Die Schlacht am Fraenkelufer
70er-Jahre: Die Altbauten im südöstlichen Teil von Kreuzberg sollen der Flächensanierung und einer Stadtautobahn zum Opfer fallen. Bis dahin werden vor allem „Gast“-Arbeiterfamilien in die Häuser gesetzt. Temporär versteht sich. Trotz Wohnungsnot in Berlin stehen über 10.000 Wohnungen leer. Junge Leute entdecken den Kreuzberger Kiez. Bereits Anfang der 70er werden das ehemalige Bethanien-Krankenhaus und das Tommy-Weißbecker-Haus in der Wilhelmstraße „instandbesetzt“. 1979 kommen die ersten Häuser rund um den Mariannenplatz hinzu.
Januar 1980: Häuser am Heinrichplatz, in der Naunyn- und Cuvrystraße werden besetzt.
März 1980: Der Besetzerrat wird gegründet und trifft sich fortan wöchentlich.
Juni 1980: Am Chamissoplatz wird zum ersten Mal ein besetztes Haus geräumt.
Dezember 1980: Mittlerweile sind 18 Häuser besetzt, darunter das Fraenkelufer 50.
12. Dezember 1980: Als sieben Jugendliche versuchen, das Nachbarhaus mit der Nummer 48 in Beschlag zu nehmen, greift die Polizei ein. Daraufhin geht bei den BesetzerInnen das Gerücht herum, dass es an diesem Abend zu massiven Räumungen kommen soll. Auf der Admiralstraße entstehen Barrikaden. Die Einsatzkräfte antworten mit Tränengas. Bis zum Morgen kommt es rund um das Kottbusser Tor zu massiven Straßenschlachten. Zwei Polizeiwagen rasen am Oranienplatz in eine Menschenmenge, die eine Barrikade verteidigen wollte. Ein 27-Jähriger wird dabei überfahren. Er überlebt.
13. Dezember 1980: Am Ku’damm treffen sich tausende spontan zu einer „Scherbendemo“. Scheiben gehen zu Bruch, Geschäfte werden geplündert. Die Bilanz für dieses Wochenende: über 200 Verletzte, 66 Verhaftungen, 25 mit Haftbefehl. Im Mehringhof wird der Ermittlungsausschuss (EA) gegründet, den man bis heute während Demonstrationen bei Polizeiübergriffen oder Verhaftungen unter der Nummer 6 92 22 22 erreicht.
14. Dezember 1980: Die Polizei gibt sich geschlagen. Die Häuser am Fraenkelufer 46, 48 und 50 sind endgültig in Besetzerhand. In Polizeikreisen redet man von der „Fraenkelburg“, die Bewohner gelten als besonders militant.
20. Dezember 1980: 15.000 Menschen verlangen vor dem Untersuchungsgefängnis Moabit die Freilassung der Gefangenen vom 12. Dezember.
7. Januar 1981: Mit der Mansteinstraße 10 wird das erste Haus in Schöneberg besetzt.
15. Januar 1981: Der Regierende Bürgermeister Dietrich Stobbe (SPD) tritt zurück. Die Alternative Liste beantragt ein Volksbegehren zur Auflösung des Abgeordnetenhauses.
6. Februar 1981: Das 50. Haus wird besetzt.
25. März 1981: Spezialeinheiten der Polizei brechen mit Unterstützung von 350 Kollegen die Haustür der „Fraenkelburg“ auf. Die meisten Besetzer hatten vorher das Weite gesucht. Nur in 48 werden 26 Bewohner verhaftet. Aus Protest werden Bezirksrathäuser und SPD-Büros besetzt.
Juni 1981: Die Zahl der besetzten Häuser in Berlin erreicht im Juni mit 165 den Höhepunkt.
9. November 1984: Das vorerst letzte besetzte Haus in Westberlin schließt einen Mietvertrag ab.
FLEE